Südafrika: Schwaches Wachstum bei politischer Unsicherheit
In wenigen Tagen wird in Südafrika turnusgemäß ein neues Parlament gewählt. Die wirtschaftliche Bilanz für die letzten Jahre fällt sehr schwach aus. Auch deshalb wird der ANC wohl erstmals keine absolute Mehrheit erreichen.
Der ANC (African National Congress) stellt seit 1994 in Südafrika die Regierung. Am 29. Mai 2024 wird turnusgemäß ein neues Parlament gewählt und der derzeitige Präsident Cyril Ramaphosa strebt eine weitere Amtszeit an. In den letzten Jahren ist die südafrikanische Wirtschaft jedoch kaum gewachsen und die Arbeitslosigkeit erreichte zu Jahresbeginn ein neues Rekordhoch. Darüber hinaus ist die Korruption im Land weiterhin stark verbreitet, obwohl deren Bekämpfung Ramaphosas wichtigstes Versprechen bei seiner Wahl im Februar 2018 war. Deshalb ist es keine allzu große Überraschung, dass der ANC als Regierungspartei laut Umfragen weiter an Zustimmung in der Bevölkerung verloren hat. Er wird deshalb wohl erstmals gezwungen sein, eine Koalition mit einer anderen Partei einzugehen.
Um sich Wählerstimmen zu sichern, wurde vom ANC erst kürzlich ein Gesetz zur Gründung einer nationalen Krankenversicherung auf den Weg gebracht. Allerdings ist völlig unklar, wie die kostenlose Gesundheitsversorgung für alle finanziert werden soll. Nicht nur deshalb ist in den kommenden Jahren eher nicht mit einer soliden Fiskalpolitik zu rechnen. Eine zukünftige Koalitionsregierung, aber auch ein geschwächter ANC, dürfte die Ausgaben ausweiten, um die jeweiligen Wahlversprechen umzusetzen.
Da aber wohl auch weiterhin ein großer Teil der parlamentarischen Abgeordneten dem ANC angehören wird, dürfte sich wenig an der bisherigen Industriepolitik ändern. Die mächtigen Staatsunternehmen Eskom (Energieversorger) und Transnet (Schiene und Häfen) werden mit ihren Klientelstrukturen weiterhin die Wachstumsmöglichkeiten der Industrie stark begrenzen. Für 2024 und 2025 erwarten wir nur schwaches Wirtschaftswachstum von 0,7% und 1,4%.
-- Dr. Christine Schäfer