EZB: Juni-Zinssenkung rückt in greifbare Nähe

Die Notenbank-Oberen haben erwartungsgemäß heute noch keine Lockerung der Zinszügel beschlossen. Einlagensatz verbleibt bei 4%.
 


Die europäischen Währungshüter haben bei ihrer heutigen Zusammenkunft erwartungsgemäß keine Anpassungen an den Leitzinsen vorgenommen. Der Einlagensatz bleibt bei 4% und der Hauptrefinanzierungssatz bei 4,50%. Laut der geldpolitischen Stellungnahme hat sich der Preisauftrieb im Euroraum weiter abgeschwächt. Erfreulicherweise stellen die Währungshüter auch eine Entspannung bei der Lohnentwicklung fest. So würden die Unternehmen im Euroraum einen Teil der steigenden Arbeitskosten absorbieren. Sollte sich der Disinflationsprozess im Euroraum fortsetzen, wäre aus Sicht der Währungshüter eine Lockerung der Zinszügel angebracht. Besonderes Augenmerk gilt daher den nächsten EZB-Projektionen, die im Juni vorgelegt werden. Da wir von einem perspektivisch nachlassenden Inflationsdruck in der Eurozone ausgehen, sehen wir uns in unserer Erwartung einer Juni-Zinssenkung bestätigt. Mit Blick auf die OIS-Swaps scheinen die Marktteilnehmer diese Einschätzung weitgehend zu teilen. Im Hinblick auf die Ausgestaltung des weiteren Zinssenkungspfads hat sich Lagarde nicht in die Karten schauen lassen. Wir rechnen mit einem vorsichtigen Vorgehen der Notenbank und daher mit quartalsweisen Lockerungen.

 

Notenbankchefin Lagarde geht davon aus, dass die Inflation in den kommenden Monaten um das aktuelle Niveau schwanken werde („Bumps in the road“). Die Währungshüter zeigen sich aber grundsätzlich überzeugt, dass das Inflationsziel im kommenden Jahr erreicht werden wird. Vor diesem Hintergrund hätten sich einige Ratsvertreter sogar bereits heute eine Lockerung der Zinszügel vorstellen können. Die Mehrheit der Ratsvertreter wolle aber die Projektionen im Juni abwarten, so Lagarde. Der Ausblick für die EWU-Konjunktur ist EZB-Chefin Lagarde zufolge weiterhin mit Abwärtsrisiken behaftet. Es bestehe aber nach wie vor die Erwartung einer graduellen konjunkturellen Belebung.

 

Im Rahmen der Pressekonferenz kam unter anderem die Frage auf, inwieweit die EZB überhaupt vor der Federal Reserve die Leitzinswende anstoßen kann. Lagarde hob in diesem Zusammenhang hervor, dass man die Zinsentscheidung unabhängig vom Vorgehen anderer Notenbanken treffe.

 

-- Christian Reicherter