Britische Inflation bremst deutlich ab und bleibt doch viel zu hoch

Dank deutlich gesunkener Energiepreise geht die britische Inflation im Oktober von 6,7 auf 4,6% zurück. Die Kernrate bleibt mit 5,7% jedoch hartnäckig hoch, Grund ist das immer noch kräftige Lohnwachstum.

 

 

Rishi Sunak, der britische Premierminister, kann erst einmal aufatmen: Sein Versprechen, die hohe Inflation im Vereinigten Königreich bis Jahresende unter die 5%-Marke zu drücken, scheint aufzugehen. Im Oktober ist die Teuerungsrate deutlich auf 4,6% zurückgegangen, im September hatte sie noch ganze zwei Prozentpunkte höher gelegen. Damit hat sich der Preisdruck seit dem Höchststand der Inflationsrate von über 11% vor genau einem Jahr inzwischen mehr als halbiert. Wirklich Anlass zum Jubeln ist dies aber noch längst nicht. In der EWU oder den USA liegt die Inflation mittlerweile bei rund 3%, Großbritannien ist weiterhin das Land mit den höchsten Preissteigerungsraten im Kreis der G7. Außerdem ist die aktuelle Ermäßigung der Inflation primär auf die Entwicklung der Energiepreise zurückzuführen. Waren im Oktober 2022 noch die Gas- und Stromtarife für private Haushalte um 25% angehoben worden, wurden sie zuletzt wieder um 7% gesenkt – diese Differenz allein erklärt zwei Drittel des jüngsten Rückgangs der Teuerung. Dagegen ist die Kernrate der Inflation, die die Preisentwicklung ohne Energie und Nahrungsmittel abbildet, weiterhin hartnäckig hoch und hat sich zuletzt nur von 6,1 auf 5,7% ermäßigt. Vor allem in vielen Dienstleistungsbereichen gibt es weiterhin deutliche Preissteigerungen.

 

Für die Bank of England dürfte die jetzt deutlich niedrigere Inflation jedoch Anlass genug sein, auf weitere Zinserhöhungen zu verzichten. Auch mit Blick auf die aktuelle Konjunkturentwicklung spricht wenig für eine erneute Straffung der Geldpolitik. Ein Abgleiten in die Rezession hat die britische Wirtschaft bislang zwar vermieden – was angesichts der mannigfaltigen Belastungen aus hoher Inflation, gestiegener Zinsen, Arbeitskräfteknappheit und Folgen des Brexits durchaus bemerkenswert ist. Auch das zurückliegende Sommerquartal konnte mit einer – wenn auch „roten“ – Null beim Wirtschaftswachstum abgeschlossen werden. Konsum und Investitionen zeigten sich zuletzt jedoch sehr schwach. Auch die Stimmungsumfragen bei Unternehmen und Verbrauchern zeichnen ein trübes Bild. Die britische Wirtschaft wird daher wohl noch eine Weile in der Stagflation verharren und auch im laufenden Schlussquartal erneut höchstens auf der Stelle treten.

 

Kritisch bleibt allerdings die Lage am Arbeitsmarkt, der sich nur allmählich abkühlt. Brexit und Corona hatten in den letzten Jahren einen spürbaren Rückgang des Arbeitskräfteangebots nach sich gezogen, der sich wiederum in starken Lohnerhöhungen niedergeschlagen hat. Aktuell liegt das Lohnwachstum immer noch bei fast 8% und ist ein wesentlicher Grund für den hohen Preisdruck im Dienstleistungssektor. Zwar stellen sich inzwischen wieder mehr Menschen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, auch die Arbeitslosigkeit ist leicht gestiegen. Das sollte hohe Lohnsteigerungen in Zukunft begrenzen, die Entwicklung muss sich allerdings erst noch zeigen. Nur dann ist auch mit einer weiteren spürbaren Verlangsamung der Inflation unter 3% im kommenden Jahr zu rechnen, die der Bank of England Spielraum geben dürfte, in der zweiten Jahreshälfte 2024 mit der Lockerung der Geldpolitik zu beginnen.

 

-- Monika Boven