EWU-Konjunktur: Banges Warten auf den Wendepunkt

Folgt man dem Euro-Indikator der DZ BANK, so hatte die „Post-Corona-Erholung“ der europäischen Wirtschaft bereits Mitte 2021 ihren Höhepunkt überschritten. Denn seit Juni 2021 bröckelt unser Frühindikator für die Konjunktur im Euro-Raum bereits wieder ab. Nach dem Beginn der russischen Großoffensive in der Ukraine hat sich seine Talfahrt dann stark beschleunigt. Der Abwärtstrend hält bis heute an, auch wenn der Rückgang des Euro-Indikators im August 2023 mit -0,1% nur noch sehr gering ausgefallen ist. Mit einem Stand von 95,2 Punkten (-2,0% gegenüber Vorjahr) hat der Indikator zuletzt den tiefsten Stand seit dem Höhepunkt der Corona-Krise im Mai 2020 erreicht.

 

 

Seit dem Mai 2023 hat sich die Talfahrt indessen merklich verlangsamt und die Veränderungsraten des Euro-Indikators fallen nur noch sehr gering aus. Das nährt vielleicht die Hoffnung auf eine bevorstehende Trendwende, denn viele wichtige Konjunkturindikatoren könnten nun ihre Talsohle erreicht haben. In diese Richtung deutet etwa der Einkaufsmanagerindex im Verarbeitenden Gewerbe der Währungsunion. Er hat sich im August leicht verbessert, nachdem dieses wichtige Stimmungsbarometer zuvor sechsmal in Folge gesunken war. Auch bei den übrigen Indikatoren aus dem Industriebereich gab es – ausgehend von einem niedrigen Niveau – im abgelaufenen Monat leichte Verbesserungen.

 

Anders sieht es bei den privaten Haushalten aus. Hier haben sich die Messzahlen seit dem letzten Tief im September 2022, als die Angst vor einer Gasmangellage und die steigenden Inflationsraten für große Beunruhigung der Konsumenten sorgten, kontinuierlich verbessert. Sowohl die Konjunkturerwartungen der Haushalte als auch ihre Einschätzungen in Bezug auf ihre persönlichen Einkommen hatten bis zum Juli dieses Jahres immerhin den höchsten Stand seit Februar 2022 und damit das Niveau der letzten Umfrage vor Beginn des Krieges in der Ukraine erreicht. Dazu dürfte vor allem die Beruhigung bei den Energiepreisen und damit auch der allgemeinen Inflation beigetragen haben.

 

Im August 2023 zeigte das Verbrauchervertrauen gemäß den Umfragen der EU-Kommission jedoch die erste nennenswerte Verschlechterung seit fast einem Jahr. Die Haushalte sind wieder skeptischer im Hinblick auf die Gesamtwirtschaft und schätzen auch den Ausblick für die eigenen Finanzen weniger gut ein als noch im Vormonat. Auch die Inflationserwartungen steigen zum ersten Mal seit September 2022 wieder merklich an.

 

Insgesamt gibt der Euro-Indikator also noch keine Hinweise auf eine bevorstehende Konjunkturerholung im Euro-Raum. Zumindest bis zum Herbst ist noch nicht mit einer Besserung der wirtschaftlichen Lage zu rechnen.

 

-- Dr. Michael Holstein