Überarbeitete Nationale Wasserstoffstrategie setzt wichtige Signale

Im Juli wurde die seit 2020 geltende Nationale Wasserstoffstrategie nachgeschärft, indem nun noch ehrgeizigere Ziele für das Hochfahren der grünen H2-Wirtschaft verkündet wurden. Das gesamte Fördervolumen und eine genaue Importstrategie bleiben vorerst unklar.

 

 

Für eine erfolgreiche Energiewende ist der rasche Aufbau einer neuen Säule der CO2-freien Energiegewinnung mittels grünem Wasserstoff (H2) äußert wichtig, damit die derzeit noch genutzten fossilen Energieträger schnell ersetzt werden können. Noch ist Wasserstoff überwiegend nicht nachhaltig, ineffizient und zu teuer („Champagner der Energiewende“). Um dies zu ändern sind staatliche Fördermaßnahmen im Milliarden-Bereich nötig. Als Basis für einen einheitlichen Handlungsrahmen, der die gesamte Wertschöpfungskette, von der Technologie, Erzeugung, Speicherung, Infrastruktur und auch die Importziele abdeckt, wurde 2020 eine Nationale Wasserstoffstrategie verabschiedet. Die aktuelle Bundesregierung hat im Juli erwartungsgemäß eine überarbeite Version unter dem Motto „Turbo für die H2-Wirtschaft“ präsentiert. Bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2021 stand, dass der Markthochlauf schnell erfolgen soll. Dies bedeutet beispielsweise, dass das Ausbauziel für Elektrolyseure (mit denen Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird) gegenüber dem bisherigen Ziel bis 2030 auf 10 Gigawatt verdoppelt werden sollte. Ein erhöhtes Ambitionsniveau beim Einstieg in die Wasserstoff-Wirtschaft und breit diversifizierte Energieimporte wurden durch die Turbulenzen an den globalen Energiemärkten infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine noch wichtiger.

 

Vier Handlungsfelder stehen bei der überarbeiteten Wasserstoffstrategie im Rampenlicht:

1.) Ausreichende Verfügbarkeit von Wasserstoff

2.) H2-Infrastruktur

3.) Etablierung von H2-Anwendungen

4.) Gute Rahmenbedingungen

 

Aus unserer Sicht beinhaltet die überarbeitete Nationale Wasserstoffstrategie viele positive Aspekte. Beispielsweise halten wir die „Farbenfreiheit“, also dass nicht nur grüner Wasserstoff gefördert wird, für einen sinnvollen und praxisorientierten Ansatz. Auch der geplante Aufbau des Wasserstoffnetzes durch die Privatwirtschaft und nicht, wie teilweise diskutiert, über eine staatliche Netzgesellschaft, begrüßen wir. Zudem verbessert die klare Zielvorgabe von 1.800 Kilometern für das „Startnetz“ die Planbarkeit von Investitionen der Abnehmerindustrie (z.B. Stahl) und für den Aufbau der Wasserstoffproduktion. Uns gefällt auch die Sektorenvielfalt, die trotz der fehlenden Wirtschaftlichkeit einen Wasserstoffeinsatz bei privaten PKW oder beim Heizen nicht vollständig ausschließt.

 

Kritik üben wir allerdings an den fehlenden Aussagen der Bundesregierung zum erwarteten Ausgabenvolumen für die Förderung des schnelleren Hochfahrens der Wasserstoffwirtschaft. Im Bericht zur Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie wird mittlerweile auf keiner Seite ein Eurobetrag genannt, obwohl von mittel- bis langfristigem Bedarf von staatlicher Förderung gesprochen wird. Zugleich heißt es einschränkend, dass alle genannten Maßnahmen nur unter dem Vorbehalt der Finanzierung im Rahmen der Haushalts- und Finanzplanung umgesetzt werden können. Fragwürdig finden wir, dass das Ausbauziel bis 2030 für Elektrolyseure zur Herstellung von grünem Wasserstoff plakativ und medienwirksam auf 10 Gigawatt verdoppelt wurde, ohne weitere Details zu nennen. Unabhängige Analysen deuten darauf hin, dass dieses Ziel angesichts der derzeitigen Kapazität von gerade einmal 0,1 Gigawatt nur schwer erreichbar erscheint. Der größte Kritikpunkt ist aus unserer Sicht aber, dass nebulös bleibt, wie das Tempo bei Genehmigungen für den Wasserstoffausbau erhöht und wie die Förderprogramme finanziell ausgestaltet werden. Auch gibt es weiterhin keine Antwort auf die Kernfrage, wie der Preis von (grünem) Wasserstoff zügig auf ein wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden kann, damit die Nachfrage steigt und Skaleneffekte das Wachstum der Wasserstoffwirtschaft beschleunigen.

 

In einem aktuellen Podcast haben wir die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie beleuchtet.

 

-- Robert Czerwensky