Neuordnung bei EWU-Staatsanleihen verfestigt sich

Die Ratingreihenfolge scheint nicht mehr hauptausschlaggebend für die Spreadreihenfolge unter den großen Emittenten der Eurozone zu sein.
 


Nichts ist so beständig wie der Wandel. Das galt in den letzten Monaten auch für das ansonsten so konstante Segment der EWU-Staatsanleihen. Denn die Corona-Krise der Krieg in der Ukraine haben die Spreadordnung zwischen den Staaten aus dem Gleichgewicht gebracht.

 

So weisen irische und französische Staatspapiere im zehnjährigen Laufzeitenbereich aktuell einen geringeren Risikoaufschlag gegenüber deutschen Bundesanleihen (Bundspread) auf als finnische und österreichische Papiere, obwohl diese ein Durchschnittsrating von AA+ haben. Jüngst hat aber vor allem die starke Outperformance griechischer gegenüber italienischen Anleihen für Aufmerksamkeit gesorgt. Auch die Renditen portugiesischer Anleihen liegen seit einiger Zeit unterhalb jener der besser gerateten spanischen Pendants. Die beobachtete Neuordnung ist damit sowohl im (Semi-) Kern als auch in der Peripherie offensichtlich. Die Ratingreihenfolge scheint nicht mehr hauptausschlaggebend für die Spreadreihenfolge zu sein.

 

Im (Semi-) Kernsegment hat der Krieg in der Ukraine den Ausschlag gegeben. Bei Finnland und Österreich dürfte die zunächst fehlende NATO-Mitgliedschaft und im Fall von Finnland vor allem die lange gemeinsame Grenze zu Russland zu den höheren Spreadniveaus geführt haben. Bei Österreich kommen zudem die starke Energieabhängigkeit von Russland und die engen Handelsbeziehungen zu Osteuropa hinzu. Der Einfluss der kriegsbedingten Risikofaktoren spiegelt sich auch bei einer verbalen Auswertung der Ratingberichte der Agentur S&P wider. So finden sich im aktuellen Statement zu Finnland und Österreich signifikant mehr eindeutige Nennungen der Wörter „Risk“ und „Russia“ als bei Irland und Frankreich. Durch den Krieg in der Ukraine sind neue Einflussfaktoren bei den Spreads hinzugekommen, die von der bisherigen Fokussierung auf die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen abweichen.

 

Bei den Peripherie-Staaten war ein anderer Faktor ausschlaggebend für die Neuordnung der Bundspreads – die erwartete Ratingentwicklung seitens der Anleger. Denn perspektivisch rechnen die Investoren mit einer solideren fiskalischen Entwicklung Portugals und Griechenlands, während Spanien und Italien in den letzten Jahren ihre Fiskalrahmen stark ausgereizt haben. Bei Griechenland trägt zudem die Aussicht auf eine Rückkehr in das Investment-Grade positiv bei. Während die Spreads im (Semi-) Kern noch recht nah beieinander liegen, ist die Neuordnung in der Peripherie mittlerweile weit fortgeschritten – eine Umkehr wird damit zunehmend unwahrscheinlich

 

-- Sophia Oertmann