Verunsicherung bei AT&T und Verizon wegen bleiummantelter Altkabel

Gemeinhin gelten Telekomnetzbetreiber mit Blick auf ihr Geschäftsmodell und ihres Charakters als Dienstleistungsunternehmen als Unternehmen, die grundsätzlich nur in geringem Maße Umweltrisken ausgesetzt sind. Nun ließ ein Artikel des Wallstreet Journals aufhorchen und bringt möglicherweise die US-Telekomunternehmen AT&T und Verizon in die Bredouille.

 

 

In einem investigativen Artikel vom 9. Juli hat das Wallstreet Journal (WSJ) über mögliche Gesundheits- und Umweltrisken berichtet, die von bleiummantelten Altkabeln der US-Telekomunternehmen, allen voran AT&T und Verizon, hervorgerufen werden. Die Bleiummantelung diente damals dem Korrosionsschutz und war in den 1940er und 1950er Jahren „State of the Art“. Laut WSJ haben Untersuchungen von Proben aus verschiedenen Landesteilen der USA ergeben, dass Blei im Laufe der Zeit abgebaut und in Wasser, Boden und Luft freigesetzt werde. Zudem gab es im Laufe der Jahre Aussagen über mögliche Bleibelastungen bei Arbeitern. Obwohl US-Telekomunternehmen seit 1964 keine bleihaltigen Kabel mehr verwenden, werden alte, nicht mehr benötigte Kabel an Ort und Stelle belassen, so das WSJ.

 

Während die Reaktionen und Forderungen an die für die bleiummantelten Telefonleitungen verantwortlichen Telekommunikationsunternehmen aus der Politik zur Beseitigung der Risiken nicht lange auf sich warten ließen, reagierte der Kapitalmarkt mit einem kleinen Time-Lag. Erst zu Beginn dieser Woche weiteten sich die Risikoaufschläge von AT&T- und Verizon-Bonds als Reaktion auf den WSJ-Artikel zunächst zwischen 20 und 30 Basispunkten aus.

 

Da die Auswirkungen der von den bleiummantelten Kabeln ausgehenden Risiken derzeit nicht absehbar sind, wird dieses Thema die Märkte noch eine ganze Weile beschäftigen. Es bestehen für AT&T und Verizon Risiken auf zwei Ebenen: (1) die zuständigen Behörden bzw. Gerichte verpflichten die Telekomnetzbetreiber zur Beseitigung der Bleiummantelung. Wie teuer eine solche Maßnahme wäre, darüber gibt es derzeit an den Märkten reichlich Spekulationen. Bloomberg kalkuliert in diesem Zusammenhang z.B. einen Betrag von 43 Mrd. USD. Gestern meldete nun AT&T allerdings, dass bleiummantelte Kabel weniger als 10% seines Kabelnetzes ausmachten, ohne aber eine Zahl für mögliche Sanierungskosten zu nennen. Angesichts der bereits hohen Verschuldung beider Konzerne im Nachgang zum kostspieligen C-Band-Erwerb wäre ein Milliardenaufwand sowohl für AT&T als auch für Verizon eine zusätzliche Belastung für die finanzielle Flexibilität. Zudem würden beide Konzerne beim Netzausbau ausgebremst. Das dürfte wiederum nicht im Interesse der Regierung liegen. (2) Ein weiteres Event-Risiko könnte in diesem Zusammenhang durch Sammelklagen von Personen oder Grundstückseigentümern zum Tragen können, die eine Bleibelastung durch die von den Telekomnetzbetreibern verwendeten Kabel nachweisen können.

 

Am kommenden Dienstag steht bei AT&T und Verizon die Veröffentlichung der Zahlen zum 2. Quartal 2023 an. Für Investoren dürfte dabei vor allem der Free-Cashflow bei beiden Unternehmen neben Aussagen zum Risiko aus der Bleiummantelung im Fokus stehen – allerdings nicht nur hinsichtlich der jeweiligen Erreichung der Finanzziele, sondern nun insbesondere mit Blick auf die finanzielle Flexibilität in Bezug auf mögliche Belastungen aus dem Altkabel-Bestand. Das aktuelle Beispiel von AT&T und Verizon zeigt deutlich, wie ESG-Risiken plötzlich zu Verunsicherungen am Kapitalmarkt sorgen können.

 

Eine ausführlichere Studie zu den möglichen Risiken aus Bleikabeln für AT&T und Verizon kann man mit einem DZ BANK Research Abo lesen. 

 

- Christian Albrecht

 


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