China: Wirtschaftswachstum bremst deutlich ab

Chinas Wirtschaft hat in Q2 gegenüber dem Vorquartal nur noch ein Wachstum von 0,8% erreicht und damit beträchtlich an Schwung verloren. Das kräftige Vorjahreswachstum von 6,3% ist durch statistische Effekte nach oben verzerrt, verfehlte die Erwartungen aber deutlich. Die Rufe nach Konjunkturstimuli werden lauter.
 


Was für eine Enttäuschung! Dass China das Wachstumstempo vom Jahresbeginn, als sich die Wirtschaft kräftig vom abrupten Ende der Null-Covid-Politik erholte, nicht würde halten können, war absehbar. Dass der Öffnungsschwung im zurückliegenden Quartal aber noch nicht einmal so weit getragen hat, dass es für ein leicht überdurchschnittliches Wachstum gereicht hat, ist ernüchternd. Um gerade einmal 0,8% ist die Wirtschaftsleistung gegenüber dem starken ersten Quartal gewachsen – das aktuelle Potenzialwachstum dürfte bei etwa 1,2% pro Quartal liegen. Die chinesische Wirtschaft hat offenbar mächtig Gegenwind. Hoch ist im zweiten Quartal lediglich das Wachstum gegenüber dem Vorjahresquartal ausgefallen. Aber das hat mehr mit der vergangenen als mit der aktuellen Konjunkturentwicklung zu tun, denn der Vergleichswert vom Frühjahr letzten Jahres war aufgrund des Wirtschaftseinbruchs während des Schanghai-Lockdowns sehr schwach. Mit 6,3% verfehlte die Wachstumsrate die Markterwartungen dennoch deutlich.

 

Zu schaffen gemacht hat der chinesischen Wirtschaft in den zurückliegenden Monaten vor allem das schwache globale Umfeld. Die Exporte sanken zuletzt im Juni um mehr als 12% (J/J), die Ausfuhren in die USA lagen sogar fast ein Viertel unter ihrem Vorjahreswert. Hier spielt allerdings nicht nur die Nachfrageschwäche eine Rolle, sondern auch, dass die USA ihre Abhängigkeit von chinesischen Importen bereits schrittweise reduzieren. Aber auch hausgemachte Probleme belasten das Wachstum. Der Immobilienmarkt steckt weiter in einer Krise, die die chinesische Regierung mit überstürzten Regulierungen vor rund zwei Jahren selbst ausgelöst hat. Noch immer schrumpfen die Wohnungsbauinvestitionen deutlich (Juni: -14,3%), auch die Nachfrage nach Wohnimmobilien kommt nicht auf die Beine. In der Bevölkerung herrscht ein großer Vertrauensverlust, die Menschen halten ihr Gespartes lieber zusammen. Das zeigt sich nicht nur am Immobilienmarkt, sondern ist auch ein wesentlicher Grund, warum die Post-Corona-Erholung wieder so schnell in sich zusammengefallen ist. Das Wachstum der Einzelhandelsumsätze hat im Juni von zuvor 12,7 auf 3,1% (J/J) scharf abgebremst

 

Inzwischen werden die Rufe nach staatlichen Konjunkturstimuli immer lauter. Erste (Mini-)Zinsenkungen sowie Anreize für Wohnungskäufer hat es bereits gegeben. Die Maßnahmen dürften in den kommenden Monaten aber noch ausgeweitet werden. Auch mit öffentliche Infrastrukturinvestitionen, die am schnellsten wachstumsstabilisierend wirken, ist zu rechnen. Nur dann dürfte das diesjährige Wachstumsziel von 5% weiterhin ein Stück weit übertroffen werden. Die Abwärtsrisiken für unsere Wachstumsprognose für dieses Jahr von 5,5% haben jedoch zugenommen.

 

-- Monika Boven