Türkische Lira traut dem Braten nicht

Staatspräsident Erdogan hat nach der Wahl nicht nur sein Kabinett umgebildet. Vielmehr hat er auch die Notenbankspitze der Türkei neu besetzt. Ob damit jedoch der marktseitig erhoffte wirtschafts- und geldpolitische Strategiewechsel eingeläutet wird, hängt letztendlich davon ab, ob der Staatschef seinen neuen Finanzminister und seine neue Zentralbankchefin gewähren lassen wird.
 


Die ohnehin massiv geschwächte türkische Lira ist zuletzt sowohl gegenüber dem US-Dollar als auch dem Euro weiter auf neue Rekordtiefs gefallen. Marktseitig wurde hierbei auf die staatlichen Banken des Landes verwiesen, welche ihre Stützungskäufe zugunsten der Lira eingestellt hätten. Dass die neue Regierung in Ankara die Abwertung der Lira nun laufen lässt, wird zudem als Hinweis gesehen, dass fortan wieder eine „orthodoxe“ Wirtschaftspolitik verfolgt werden könnte. Auch die Ernennung von Mehmet Simsek zum neuen Finanzminister und Hafize Gaye Erkan zur neuen Vorsitzenden der türkischen Notenbank geht mit dieser Hoffnung einher.

 

Dass sich die Lira von diesen Personalentscheidungen des türkischen Staatsoberhaupts nicht so einfach hinter dem Ofen vorlocken lässt, ist nach ihren (geld-) politischen Erfahrungen der letzten Jahre jedoch nicht verwunderlich. So genügt es nicht, dem Markt Namen mit Reputation zu präsentieren. Vielmehr werden sowohl Simsek als auch Erkan letztendlich an ihren Taten gemessen werden. Will heißen, ob die beiden ihre Jobs wie gewünscht machen können und ob die Lira eine Chance hat, perspektivisch wieder nachhaltig aufzuwerten, wird im Endeffekt davon abhängen, ob Staatspräsident Erdogan seinen neuen Finanzminister und seine neue Notenbankchefin mit ihren orthodoxen wirtschaftspolitischen Ansätzen nicht nur kurz-, sondern auch längerfristig gewähren lassen wird. Denn selbst wenn die neue Notenbankchefin die Leitzinsen auf kurze Sicht deutlich anheben würde, so sollte nicht vergessen werden, dass eine Leitzinsanhebung noch keinen geldpolitischen Sommer macht. Will heißen, um den nicht nur aus Lira-Sicht dringend benötigten geldpolitischen Strategiewechsel glaubwürdig umzusetzen, bedarf es auch eines verbindlichen Bekenntnisses sowohl von Seiten der Zentralbank als auch des Staatschefs selbst. Doch ob sich Erdogan zu einer orthodoxen Geldpolitik bekennen und diese schließlich auch ohne Wenn und Aber akzeptieren würde, ist aufgrund der jüngeren Geschichte mehr als fraglich. Das Risiko, dass der Staatschef perspektivisch wieder selbst die (geld-) politischen Zügel in die Hand nimmt, dürfte damit zum Leidwesen der Lira erst einmal bestehen bleiben.

 

-- Dr. Sandra Striffler


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