Frankreich: Mayday dank Fitch

Die Ratingagentur Fitch hat am vergangenen Freitag das Rating der Republik Frankreich von AA (neg.) auf AA- (stab.) gesenkt. Die mangelnde Konsolidierung der Staatsfinanzen und die sozialen Unruhen im Umfeld der Rentenreform werden als zentrale Gründe genannt.
 

Der Ausdruck Mayday soll nicht auf den gestrigen Feiertag, sondern den französichen Begriff "M´aidez!“ (Zur Hilfe) zurückgehen. Im Élysée-Palast dürfte der Begriff am Wochenende nicht nur einmal durch die langen Flure geschallt sein: Die Ratingagentur Fitch hat am vergangenen Freitag das Rating der Republik Frankreich um eine Stufe von AA (neg.) auf AA- (stab.) gesenkt. Als Hauptgrund wird die anhaltend schwache fiskalische Lage zitiert, die einem Abbau der – im Vergleich zu anderen Staaten mit AA Rating – zu hohen Staatsverschuldung entgegensteht (Ende 2022: 112 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)). Die jüngst verabschiedete Rentenreform würde zwar Einsparungen von 17,7 Mrd. Euro pro Jahr (was 0,6 Prozent des BIP entspräche) erzielen, dies in vollem Umfang aber erst ab 2030. Als weiteres Argument nannte Fitch unter anderem die „sozialen Unruhen“, die im Umfeld der Rentenreform – wieder einmal – schlagend wurden.

 

Die Entscheidung von Fitch kommt nicht gänzlich unerwartet. Auch in seiner zweiten Amtszeit als Staatspräsident liegt der Fokus von Emmanuel Macron weniger auf einer klaren Sanierung der Staatsfinanzen. Finanzminister Le Maire hat am 20. April zwar weitere Schritte hin zu einer nachhaltigeren Fiskalpolitik angekündigt. Die Ziele, (erst) im Jahr 2027 das Maastricht-Defizit-Kriterium einer Haushaltslücke von weniger als drei Prozent zu erreichen und eine (bis dahin unverändert hohe) Staatsverschuldung von 112,5 Prozent des BIP anzustreben, zeugen von überschaubarer Ambition auf diesem Feld. Auch die Schwierigkeit, angesichts massiver öffentlicher Proteste, Reformen auf den Weg zu bringen, ist für Macron und seine aktuelle Premierministerin Borne sicherlich kein Novum.

 

Dennoch birgt der Downgrade von Fitch ein gewisses Überraschungsmoment. Die zitierten Gründe sind allesamt seit Langem bekannt. Zudem gewichtet Fitch den – trotz aller Schwierigkeiten erreichten – Meilenstein der jüngsten Rentenreform aus unserer Sicht recht niedrig. Die Agentur Moody´s hatte sich noch in der Vorwoche (also auf dem identischen Kenntnisstand) dazu entschieden, die Bonitätseinschätzung Frankreichs unverändert bei Aa2 (stab.) zu belassen. Mit besonderer Spannung dürfte daher dem 2. Juni entgegengefiebert werden, an dem S&P aus identischer Position wie Fitch (also ausgehend von einem Rating von AA (neg.)) entscheiden könnte. Nachdem der Ausblick erst im Dezember 2022 auf negativ gesenkt wurde, ist eine Herabstufung durch S&P noch keine ausgemachte Sache.

 

-- Christian Lenk