In Griechenland ist nach der Wahl vor der Wahl

Die Néa Dimokratía und Amtsinhaber Mitsotakis gewinnen die Parlamentswahlen deutlich, verfehlen aber die absolute Mehrheit knapp. Hellas steuert daher auf einen zweiten Urnengang zu.

 

 

Bei den gestrigen Parlamentswahlen in Griechenland konnte sich die konservative Néa Dimokratía (ND), die Partei des amtierenden Premiers Mitsotakis, laut vorläufigem amtlichen Endergebnis den ersten Platz mit 146 Sitzen sichern. Damit hat die ND nur knapp die für eine absolute Mehrheit im Athener Parlament nötige Sitzanzahl von 151 verfehlt – ein deutlicher Erfolg. Auf dem zweiten Platz folgt die ehemalige Regierungspartei SYRIZA, die 71 Plätze im Parlament für ihre Abgeordneten gewinnen konnte. Drittstärkste Kraft ist die sozialdemokratische PASOK-KINAL mit 41 Sitzen geworden. Die Partei des ehemaligen Finanzministers Varoufakis, MeRA25, der 2015 die letzte große Marktkrise für Griechenland wesentlich mit herbeigeführt hatte, konnte nicht in das Parlament einziehen.

 

Amtsinhaber und Wahlsieger Mitsotakis hat nun zwei Optionen: Der konservative Politiker könnte versuchen, mit der sozialdemokratischen PASOK-KINAL zu koalieren, um die nötige Mehrheit von 151 Sitzen im Parlament zu erreichen oder er setzt entschieden auf Neuwahlen, um die absolute Mehrheit für seine Partei zu erreichen. Bei Neuwahlen gilt ein neues Wahlsystem mit einem Sitze-Bonus, sodass das Erreichen der absoluten Mehrheit keine hohe Hürde mehr wäre. Bereits am Wahlabend hat Mitsotakis bei seiner ersten Ansprache an die Nation sein Ziel des Erreichens der absoluten Mehrheit bekräftigt. Damit steuert Griechenland auf Neuwahlen am 25. Juni oder am 2. Juli zu.

 

Aus Sicht des Kapitalmarktes ist das Ergebnis der Parlamentswahl durchaus als positiv zu bewerten, wenngleich noch ein wenig Zeit bis zur Regierungsbildung vergehen dürfte. Premier Mitsotakis sollte so in der kommenden Legislaturperiode in der Lage sein, seinen Reformkurs fortzusetzen. Seine Reformagenda hat in den vergangenen Jahren mitunter auch zu deutlichen Ratingverbesserungen beigetragen. Hellas dürfte daher weiter gute Aussichten auf eine Rückkehr in das Investment-Grade-Segment haben. 

 

-- Sebastian Fellechner