FOMC: Weder Fisch noch Fleisch

Die US-Notenbank hat die geldpolitischen Zügel erneut gestrafft. Die Pressemitteilung deutet auf eine mögliche Pause im Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank hin.

Trotz des sich eintrübenden konjunkturellen Umfelds und der latent schwelenden Bankenkrise hat die Fed die Leitzinsen erneut um 25 Basispunkte angehoben. In ihrer Presseerklärung deuteten die US-Notenbanker ein mögliches Ende des Zinserhöhungszyklus an. Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank wird zukünftig verschiedene Faktoren berücksichtigen, „um zu bestimmen, inwieweit eine zusätzliche Straffung der Geldpolitik angemessen sein könnte“. Damit hat die Fed eindeutig einen datenabhängigen Kurs eingeschlagen. Die geldpolitische Ausrichtung ist deutlich unsicherer geworden.

 

Marktteilnehmer hatten mit klareren Aussagen gerechnet

 

Insgesamt zeigten sich die Finanzmärkte von der Notenbanksitzung in einer ersten Reaktion enttäuscht. So wurden im Vorfeld der Pressekonferenz klare Aussagen zum Ende der Zinserhöhungen erwartet. Diese Hoffnungen wurden jedoch nicht erfüllt. Vielmehr ließ sich die Fed alle Türen für den zukünftigen geldpolitischen Kurs offen. Insbesondere hat Powell die Zinssenkungserwartungen für die zweite Jahreshälfte nicht entschieden zurückgedrängt. Die Marktteilnehmer halten daher an ihrer Meinung fest, dass die Leitzinsen in diesem Jahr deutlich gesenkt werden.

 

Powell wollte sich auf der Pressekonferenz nicht zu der Aussage hinreißen lassen, die Fed werde nun eine Pause im Zinserhöhungszyklus einlegen. Auf die Frage, welche Maßnahmen die Notenbank im Falle eines möglichen Zahlungsausfalls der US-Regierung ergreifen würde, blieb Powell sehr vage. Er erklärte lediglich, dass es für einen solchen Fall kein Patentrezept gebe. Die Fed sei nicht in der Lage, die Wirtschaft zu schützen, wenn sich die Demokraten und Republikaner nicht auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze einigen könnten. Viele Fragen drehten sich um die möglichen Auswirkungen der Bankenkrise und wie der oberste Währungshüter die Folgen der jüngsten Turbulenzen einschätzt. Da die Bankenkrise wohl zu einer Verringerung der Kreditvergabe führen werde, müssten die Leitzinsen nicht so stark angehoben werden, so Powell.

 

Zusammenfassend ließ sich die US-Notenbank hinsichtlich des weiteren geldpolitischen Kurses alle Türen offen. So schloss Powell weder eine weitere Leitzinserhöhung noch eine Zinssenkung in der zweiten Jahreshälfte gänzlich aus. Dies deutet darauf hin, dass die Meinungen bezüglich der konjunkturellen Entwicklung im FOMC wohl weit auseinander gehen.

 

Pause wahrscheinlich – aber auch Zinserhöhungen oder -senkungen

 

Sollte sich der Preisdruck hartnäckiger zeigen als derzeit erwartet, könnte die Fed unseres Erachtens die geldpolitischen Zügel im weiteren Jahresverlauf sogar erneut straffen. Umgekehrt dürfte die Notenbank bei einem raschen Rückgang der Inflation schon früher eine Lockerung der Geldpolitik in Erwägung ziehen. Beide Möglichkeiten entsprechen nicht unserem Hauptszenario. Sinkt die Inflationsrate in den kommenden Monaten lediglich moderat und setzt sich die Abkühlung am US-Arbeitsmarkt wie von uns erwartet in einem mäßigen Tempo fort, dürfte die Fed bis zum Ende des Jahres eine abwartende Haltung einnehmen. Spielraum für Zinssenkungen sehen wir erst zu Beginn des kommenden Jahres.

 

-- Birgit Henseler


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