US-Schuldenobergrenze wird erneut zum Problem

Die US-Staatsverschuldung hat die gesetzliche Obergrenze erreicht. Die beiden politischen Parteien sind sich nicht einig, wie das Problem gelöst werden soll. Die Finanzmärkte rechnen jedoch nicht mit einem Zahlungsausfall – wohl auch weil ein solcher Vorfall zu dramatischen Auswirkungen am Finanzmarkt führen könnte und somit fast als „unvorstellbar“ gilt.

 

 

Im Januar 2023 erreichten die Schulden der US-Bundesregierung die vorgeschriebene Obergrenze von 31,382 Bill. USD. Seither greift das US-Finanzministerium auf seine übliche Palette von „außerordentlichen Maßnahmen“ zurück (z.B. nimmt es keine Einzahlungen in die Rentenfonds für Beamte mehr vor), um die laufende Verwaltungstätigkeit zu finanzieren. Die Regierung hat den Kongress mehrfach aufgefordert, sich rasch mit dem Thema zu befassen – und ist damit wie üblich auf taube Ohren gestoßen.

In seiner Rede an der New Yorker Börse sagte Kevin McCarthy, ein republikanischer Abgeordneter aus Kalifornien und als Sprecher des Repräsentantenhauses der dritthöchste Politiker der USA, er wolle gemeinsam mit Präsident Biden an einer Lösung arbeiten. McCarthys Konzept sieht im Grunde eine Aussetzung der Schuldenobergrenze für etwa ein Jahr bzw. eine leichte Anhebung (um 1,4 Bill. USD) vor. Als Gegenleistung verlangt er spürbare Ausgabenkürzungen, die Auflösung der Covid-19-Unterstützungsfonds (soweit das Geld noch nicht ausgegeben wurde), und eine Erhöhung der Arbeitsleistung, die von Empfängern bestimmter Unterstützungsleistungen des Bundes verlangt wird. Diese Maßnahmen sollen mehr als 100 Mrd. USD jährlich sparen. Das Weiße Haus seinerseits hat bereits erklärt, es strebe eine „saubere“ (also nicht an Ausgabenkürzungen gekoppelte) Anhebung der Schuldenobergrenze an. Die Republikaner im Representanten Haus haben einen Gesetzentwurf entsprechend McCarthys Ideen durchgewunken. Da die Demokraten eine Mehrheit im Senat haben, wird der Entwurf vom den Republikanern jedoch nicht zum Gesetz werden: Es ist Verhandlungstaktik. Wochenlange, heftige Auseinandersetzungen zwischen Demokraten und Republikanern sind zu erwarten.

Am Treasury-Markt kennt man das schon; solche Vorgänge kamen sowohl unter demokratischen als auch unter republikanischen Präsidenten vor. Unmittelbar nach McCarthys Rede stiegen die Renditen in einer ersten Reaktion um einige Basispunkte an – wahrscheinlich, weil McCarthy keine neuen Vorschläge dazu machte, wie man Herr des Problems werden könnte. Ein Zahlungsausfall wird weiterhin als unwahrscheinlich angesehen, doch der Kongress muss nun rasch handeln, um das Problem zu lösen. Unter gewissen Annahmen könnte das Regierungskonto bereits im Juni leer sein. Dies hatte zuletzt auch Finanzministerin Yellen bestätigt.

 

-- Andy Cossor