Inflation im Euro-Raum: Preisdruck lässt nur auf den ersten Blick nach

Die Inflationsrate in der Eurozone ist auf 6,9% gesunken. Dieser Rückgang kommt jedoch überwiegend durch einen statistischen Basiseffekt zustande. Die Teuerung bei Nahrungsmitteln sowie der Anstieg der Kernrate bleiben intakt. Eine Rückkehr zur Zielmarke der EZB von 2% ist erst im nächsten Jahr zu erwarten.
 

Inflation im Euro-Raum: Preisdruck lässt nur auf den ersten Blick nach


Die am HVPI gemessene Inflationsrate im Euroraum ist im März wie erwartet deutlich zurückgegangen. Die Jahresrate sank von 8,5% auf 6,9% und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Februar 2022. Die nachlassende Teuerung ist dabei vor allem auf eine deutliche Mäßigung bei den Treibstoffen zurückzuführen. Hinter dem Rückgang verbirgt sich aber vor allem auch ein statistischer Basiseffekt. Vor einem Jahr zogen die Preise für Energiegüter zwischen Februar und März 2022 noch kräftig an. Im laufenden Jahr hat sich diese Entwicklung jedoch umgekehrt. Da die Inflationsrate eine Veränderungsgröße gegenüber dem Vorjahresmonat misst, ergibt sich daraus ein stärkeres Gefälle, die die Gesamtteuerung im abgelaufenen Monat deutlich nach unten gezogen hat.

 

Dabei war der Abwärtssog bei den Preisen für Energiegüter derart stark, dass er die anhaltend hohe bzw. steigende Teuerung bei Nahrungsmitteln und den Anstieg der sogenannten Kernrate – also den wenig schwankungsanfälligen Preisen für Dienstleistungen und nicht-energetische Industriegüter – überkompensierte. Der Preisauftrieb in diesen Gütergruppen bleibt damit intakt.

 

Auffällig ist, dass zwischen den einzelnen Ländern des Euroraums nach wie vor große Unterschiede in der Höhe der Inflationsraten bestehen. So haben vor allem die baltischen Staaten, wie beispielsweise Lettland (+17,3% J/J), weiterhin mit massiv hohen Jahresraten im zweistelligen Bereich zu kämpfen. Dies ist aber vor allem auch auf eine ungünstigere Zusammensetzung des Warenkorbs zurückzuführen. Im Gegensatz zu vielen anderen Euroländern weisen die Balten ein deutlich höheres Gewicht an Energiegütern und Nahrungsmitteln gemessen an den Gesamtausgaben auf – also eben jenen beiden Komponenten, die einen besonders starken Preisanstieg verzeichneten. In anderen Ländern des Euroraums, wie z. B. Spanien (+3,1% J/J), haben dagegen eine vorteilhafte Diversifizierungsstrategie bei Energiegütern sowie wirtschaftspolitische Maßnahmen zu einer Eindämmung des Preisauftriebs geführt. Deutschland positioniert sich mit 7,8% (HVPI) weiterhin im europäischen Mittelfeld.

 

Der Abwärtstrend der Inflationsrate im Euro-Raum wird sich in den kommenden Monaten fortsetzen, allein schon wegen des bestehenden und anhaltenden Basiseffekts. Eine rasche Rückkehr zur EZB-Zielmarke von 2% ist allerdings nicht vor dem kommenden Jahr zu erkennen. Denn nach wie vor wirken vor allem die Verteuerung von Nahrungsmitteln und der Anstieg der Kernrate dem aktuellen Abwärtstrend entgegen. Hinzu kommt, dass voraussichtlich im kommenden Jahr eine Vielzahl wirtschaftspolitischer Maßnahmen zur Preisbekämpfung in einer Reihe wichtiger Euroländer auslaufen dürfte. Dies wird die Mäßigung der Inflationsrate weiter verlangsamen bzw. könnte vorübergehend sogar wieder zu einem leichten Anstieg führen.

 

-- Matthias Schupeta