Brasilien: Wirtschaft ohne Schwung, Politik ohne Konzept

In Q4 ist die Wirtschaft leicht gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Nur zögerlich dürfte die Konjunktur wieder auf die Beine kommen, da die Regierung einen wirtschaftspolitischen Schlingerkurs fährt.
 


Der Rückgang beim BIP in Q4 um 0,2% gegenüber dem Vorquartal sollte nicht als ein vorübergehendes Zwischentief bagatellisiert werden. Tatsächlich handelt es sich um einen weiteren Baustein für einen nur verhaltenen Ausblick für die brasilianische Wirtschaft. Die Details für das vierte Quartal offenbaren wenig überraschend eine Schwäche bei der Inlandsnachfrage. Vor allem die restriktive Geldpolitik der Notenbank und die kaufkraftverzehrende Inflation haben letztlich die Konjunktur zum Erliegen gebracht. Aber auch die Unsicherheit im Umfeld der Parlaments- und Präsidentschaftswahl im Oktober dürfte ihre Spuren hinterlassen haben. So gab es im Nachgang der Wahl zahlreiche Protestkundgebungen der Bolsonaro-Anhänger und es zeigte sich insgesamt eine tiefe Spaltung der Gesellschaft.

 

Wegen der weiter anhaltenden politischen Unsicherheit und dem hohen Zinsniveau dürften die privaten Investitionen und auch der Konsum der Konjunktur in diesem Jahr nur wenige Impulse verleihen. Der Außenhandel wird jedoch wohl verhindern, dass insgesamt die Leistung der brasilianischen Wirtschaft 2023 schrumpft. Vor allem die Erholung Chinas als wichtiger Handelspartner dürfte den Exporten Schwung geben, da immerhin etwas mehr ein Drittel der Exportgüter dorthin fließen.

 

Letztlich wird nach einem schwachen Jahresauftakt, der durch eine recht maue Stimmung in der Wirtschaft gekennzeichnet ist, 2023 wohl nur ein Wirtschaftswachstum von 0,9% erreicht. Wegen der angespannten Haushaltslage und der politischen Patt-Situation auf oberster Ebene wird auch im kommenden Jahr Brasilien nur das verhaltene Wachstum aus der Vor-Corona-Zeit aufweisen. So sind unter anderem umfangreiche strukturelle Reformen erforderlich, um die bestehende Sockelarbeitslosigkeit abzubauen. Darüber hinaus begrenzt die marode Infrastruktur außerhalb der Wirtschaftsmetropolen das Wachstum. Ohne die erforderliche Mehrheit im Parlament fehlt Staatspräsident Lula hierfür jedoch die nötige Handlungsfähigkeit.

 

-- Dr. Christine Schäfer


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