Grüne Anleihen, teure Anleihen

Obwohl sie das gleiche Kreditrisiko beinhalten, werden grüne Anleihen am Markt oftmals mit einer geringeren Rendite als konventionelle Anleihen gehandelt. Wir haben das sogenannte Greenium am Corporate Bond Markt untersucht.

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Das Marktsegment der nachhaltigen Finanzinstrumente („Sustainable Finance“) erfreut sich seit einigen Jahren großer Beliebtheit. Auch viele Unternehmen nutzen grüne Anleihen, um nachhaltige Projekte zu finanzieren. Das Volumen neu emittierter nachhaltiger und auf EUR lautender Corporate Bonds stieg von knapp 13 Mrd. Euro im Jahr 2018 auf fast 100 Mrd. Euro im vergangenen Jahr an, nach einem vorläufigen Rekord von 110 Mrd. Euro im Jahr 2021. Das Marktsegment wird unserer Einschätzung nach weiter dynamisch wachsen. Allein im Januar wurden Bonds dieser Art mit einem Volumen von rund 17 Mrd. Euro platziert, was einem Anteil von 38% aller Unternehmensanleihen entspricht.

 

Ein viel diskutiertes Phänomen ist, dass grüne Anleihen am Sekundärmarkt oftmals teurer gehandelt werden als konventionelle Anleihen des selben Emittenten. Dieser Renditeunterschied wird als Greenium bezeichnet und beläuft sich am Corporate-Bond-Markt unserer Untersuchung zufolge derzeit auf durchschnittlich 4,5 Basispunkte (0,045%). Dabei gibt es sowohl über die Zeit als auch zwischen den Emittenten große Unterschiede. Auffällig ist, dass das Greenium tendenziell größer ausfällt, wenn der Emittent bislang nur wenige grüne Anleihen emittiert hat. Bei Unternehmen, die das Instrument schon länger und in größerem Umfang nutzen, fällt der Renditeunterschied deutlich kleiner aus oder ist gar nicht zu beobachten.

 

Hauptgrund für die Existenz des Greeniums ist unserer Meinung nach ein Nachfrageüberhang im Marktsegment Sustainable Finance. Denn während das Angebot grüner Anleihen zwar deutlich zugenommen hat, ist die Nachfrage noch schneller gewachsen als der Markt, unter anderem durch dezidierte nachhaltige Anlageprodukte. Eine wichtige Rolle spielen auch nicht-monetäre Vorteile von grünen Anleihen, zum Beispiel die Erfüllung von regulatorischen Vorgaben oder die besseren Vermarktungsmöglichkeiten. Dass, wie teilweise zu lesen ist, grüne Anleihen weniger schwankungsanfällig sind, können wir nach unserer Analyse nicht bestätigen. Im Gegenteil, in der Phase der starken Spreadausweitung im Sommer 2022 haben sich nachhaltige Bonds tendenziell etwas schlechter entwickelt als vergleichbare traditionelle Anleihen.

 

Wir rechnen damit, dass das Greenium vor dem Hintergrund des erwarteten weiteren Wachstums des Sustainable Finance Marktes tendenziell abnehmen wird, da der Seltenheitswert verloren geht. Die Dekarbonisierung des EZB-Corporate-Bond-Portfolios könnte allerdings zu Marktverzerrungen führen, da EZB-Direktorin Schnabel jüngst auch eine aktive Umschichtung des Portfolios ins Spiel gebracht hat.

 

-- Thomas Weber