Schweizer Notenbank verkauft Fremdwährung – war das wirklich eine Intervention?
Der Schweizer Franken wusste 2022 auf ganzer Linie zu überzeugen. Hatte die SNB dabei ihre Finger im Spiel und zugunsten des Frankens interveniert, um sich so einen Vorteil im Kampf gegen importierte Inflation zu verschaffen?
Im abgelaufenen Börsenjahr sahen sich zahlreiche Notenbanken weltweit zu 180-Grad-Wenden gezwungen. Dabei ging es um mehr als nur aggressive Leitzinserhöhungen; so hat etwa die Schweizer SNB zusätzlich auch eine Kehrtwende in ihrer fest etablierten FX-Politik vollzogen. Ein fester Franken galt lange als unerwünscht und wurde vehement sowohl verbal als auch unter Einsatz hoher Milliardenbeträge am Devisenmarkt bekämpft. Im Frühsommer 2022 kam es angesichts der globalen Inflationsdynamik zu einer Neubewertung, und plötzlich betont die SNB die Vorteile eines starken Frankens im Kampf gegen die importierte Inflation. Der strukturelle Aufwertungsdruck der Währung mutierte vom Problem zur Lösung.
Seitdem kursieren Spekulationen über die Rolle, die die SNB bei der guten Performance des Frankens von 2022 gespielt hat. Hat sie der Aufwertung nur wohlwollend zugesehen? Oder hat sie aktiv durch Interventionen dazu beigetragen? Bis vor Kurzem lagen nur Indizien vor (Rückgang bei Sichteinlagen und FX-Reserven), die entweder Folge von Fremdwährungsverkäufen oder von Bewertungseffekten sein können. Jetzt hat die SNB ihre offiziellen Daten zu „Devisengeschäften“ im dritten Quartal vorgelegt und damit jeder Seite neue Argumente geliefert. Fakt ist, dass im Wert von 739 Mio. CHF Fremdwährungen verkauft wurden, genug für Schlagzeilen wie „SNB interveniert zur Franken-Stärkung“.
Wir tun uns dennoch schwer damit, dies als aktive Interventionsstrategie zu sehen und vermuten vielmehr nur einen Test der technischen Abläufe. Um einen nachhaltigen Eindruck am FX-Markt zu hinterlassen, war der Betrag viel zu gering. Als es früher darum ging, den Franken vor einer Aufwertung abzuhalten, waren Interventionen in zweistelliger Milliarden- (und nicht Millionen-)Höhe pro Monat gang und gäbe. Die SNB hat zwar wiederholt erklärt, grundsätzlich zu Interventionen bereit zu sein, dennoch hat sie auf die Signalwirkung verzichtet, ihr mutmaßliches Eingreifen zeitnah zu veröffentlichen. Für eine aktive Interventionsstrategie fehlte es daher im dritten Quartal u.E. an zwei wichtigen Kriterien. Damit wollen wir das Faible der SNB für einen starken Franken keinesfalls in Abrede stellen, nur war die Aufwertung eben nicht das Resultat offizieller Eingriffe am FX-Markt, sondern freie Entscheidung der Marktkräfte.
-- Dorothea Huttanus