Deutschland plant die Quadratur des Emissionskreises
Der Emissionsausblick für Deutschland verspricht ein hohes Angebot an neuen Bundesanleihen im kommenden Jahr. Im Zusammentreffen mit dem Rückbau der quantitativen EZB-Maßnahmen dürfte die Knappheit an Bundesanleihen sukzessive abnehmen. Die Bund-Swapspreads jedenfalls geben deutlich nach.
Dass Deutschland im kommenden Jahr einen hohen Finanzierungsbedarf haben wird, war schon klar, bevor die Deutsche Finanzagentur (DFA), die Schuldenmanagerin der Bundesrepublik Deutschland, ihren Emissionsausblick für 2023 vorstellte. Selten aber waren die Unwägbarkeiten so ausgeprägt wie derzeit, denn das Bundesfinanzministerium probiert die Quadratur des Emissionskreises: Die Schuldenbremse einhalten und dennoch den Finanzierungsbedarf erhöhen.
Großes Emissionsvolumen auch wegen hoher Fälligkeiten
Deutschland leiht sich im kommenden Jahr am Rentenmarkt so viel Geld wie noch nie – insgesamt EUR 539 Mrd. sollen 2023 aufgenommen werden. Der größere Teil wird , wie vom wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen gefordert, im mittleren und langen Laufzeitensegment aufgenommen. Auch für Green Bunds ist ein leicht höheres Emissionsvolumen als im Vorjahr vorgesehen. Allerdings muss Deutschland auch viele Anleihen ersetzen – insgesamt EUR 387 Mrd. werden fällig.
Und dennoch nicht genug
Der Finanzierungsbedarf des Bundes im Jahr 2023 ist mit EUR 617 Mrd. sogar noch höher als sein Emissionsvolumen per Auktion. Neben EUR 387 Mrd. Fälligkeiten speist sich dieser Kreditbedarf aus dem Haushaltsdefizit in Höhe von EUR 45 Mrd. sowie EUR 185 Mrd. für die drei Sondervermögen Bundeswehr, Wirtschaftsstabilisierungsfonds sowie Klima- und Transformationsfonds. Um die Finanzierungslücke in Höhe von EUR 78 Mrd. zu schließen, greift die DFA auf flexiblere Instrumente zurück: Syndizierungen konventioneller Bunds sowie Verkäufe aus dem Eigenbestand der DFA am Sekundärmarkt sowie durch Repo-Aktivitäten.
Steigendes Emissionsangebot des Bundes eine willkommene Erleichterung
Die Investoren sehen, dass damit das Nettoangebot an Bundesanleihen aus Emissionen im kommenden Jahr um EUR 152 Mrd. zunehmen wird. Zählt man das freigesetzte Collateral aus zurückgezahlten TLTRO-III-Krediten plus das QT der EZB hinzu (die ihre Nachfrage nach Bundesanleihen im kommenden Jahr um etwa EUR 30 Mrd. reduzieren wird), steigt das Angebot weiter an. Der Renditeabschlag, den die Investoren den Bundesanleihen gegenüber der Swapkurve einräumen, ist daher gesunken – ein Zeichen, dass die Einschätzung überwiegt, dass die am Rentenmarkt vieldiskutierte Knappheit an Bundesanleihen im kommenden Jahr abnehmen wird.
-- René Albrecht