Rohölpreis bleibt wankelmütig!

Großwetterlage bei Rohöl ist stürmisch. Lockdowns in China belasten. Die Aussichten auf EU-Embargo stützen. Bei Verhängung ist ein kurzfristiger Preissprung möglich, der wegen einer rückläufigen Nachfragedynamik weltweit aber nicht nachhaltig ist.

 

 

Der Rohölpreis ist sehr volatil und bewegte sich in den letzten beiden Wochen in einer Spanne zwischen 103 und 114 USD je Barrel. Belastend sind die Lockdowns in China. Schließlich führt eine eingeschränkte Mobilität beim zweitgrößten Ölnachfrager der Welt zu einer schwächeren Verbrauchsdynamik. Hinzu kommt ein sehr starker USD und der rasche Zinsanstieg in den USA. Beides ist für den Ölpreis ungünstig. Diese Faktoren hängen als Gewicht am Ölpreis-Ballon. Für das Gesamtjahr 2022 ist daher global eine rückläufige Nachfragedynamik bei Rohöl zu erwarten.

Nachdem die USA und UK bereits ein Ölembargo gegen russische Lieferungen beschlossen haben, konnte sich die EU bisher noch nicht einigen. Dennoch erscheint es nur eine Frage der Zeit, bis ein europäisches Öl-Embargo verhängt wird. Ausschlaggebend für den Preiseffekt eines Embargos auf Brent-Rohöl ist ohnehin die Ausgestaltung. Werden beispielsweise Tankergesellschaften, die russisches Öl verschiffen, nicht sanktioniert, könnte das ursprünglich für Europa bestimmte Öl teilweise in anderen Häfen anlanden. Selbst wenn ein sehr strenges Embargo verhängt werden würde, ist es aufgrund des signifikanten Preisabschlags des russischen Öls (Urals ggü. Brent) nahezu unmöglich, vollständig zu verhindern, dass alternative Routen nach Afrika und Asien gewählt werden. Aktuell ist auf den Weltmeeren zum Beispiel mehr russisches Öl der Sorte Urals unterwegs als noch vor Kriegsbeginn. Für einige Ölkonsumenten ist der aktuelle Weltmarktpreis zu hoch. Der einzige Marktteilnehmer der hier Abhilfe schaffen könnte, ist die OPEC. Da die OPEC zuletzt ihren weltweiten Ölnachfrage-Ausblick reduzierte und man an dem eingeschlagenen Produktionsziel festhält, ist nicht damit zu rechnen, dass das Kartell seine Produktionsmengen erhöht. Damit bleibt der Brent-Rohölpreis vorerst auf einem hohen Niveau und der Anreiz für die oben beschriebenen Ausweichstrategien als Reaktion auf ein Embargo hoch.

Zweifelsohne besteht die Möglichkeit, dass eine Entspannung der Coronalage in China und eine zügige Verhängung des europäischen Ölembargos dazu führen, dass der Ölpreis mit Blick auf die nächsten Wochen sogar über unsere Dreimonatsprognose von 120 USD (bis zu 130 USD wären vorstellbar) überschießt. Allerdings dürfte sich das Preisniveau mit Blick auf August und September nicht als nachhaltig erweisen. Daher halten wir an unserer aktuellen Prognose fest.


-- Gabor Vogel