China: Lockdowns bremsen Außenhandel, aber kein Einbruch
China meldet nicht ganz so schwache Außenhandelszahlen für April wie befürchtet. Da auch eine geschwächte Nachfrage die Exporte gedrosselt hat, waren die Belastungen durch den Lockdown bislang anscheinend glimpflicher als gedacht. Die Einschränkungen in Schanghai bleiben aber bestehen.
Es hätte schlimmer kommen können: Chinas Exportwachstum hat im April zwar erkennbar von 14,7% im März auf 3,9% abgebremst, für ein Plus hat es aber immer noch gereicht und die Markterwartungen waren noch pessimistischer. Auch der Rückgang bei den Importen hat sich anders als erwartet nicht weiter vertieft – die Einfuhren traten den zweiten Monat in Folge auf der Stelle. Damit hat der strenge Lockdown in Schanghai, der seit dem 1. April anhält, Chinas Außenhandel weniger stark beeinträchtigt als befürchtet. Und das, obwohl die Abfertigung des Warenumschlags im Hafen von Schanghai, dem größten Frachthafen der Welt, seit Wochen deutlich eingeschränkt ist. Offenbar aber konnten Umleitungen in benachbarte Häfen sowie die Notfallmaßnahmen, Hafenmitarbeiter vor Ort zu beherbergen, noch stärkere Bremseffekte abfedern. Dies zeigen auch die jüngsten Daten zu nachlassenden Frachterstaus vor Schanghai. Für die angespannten internationalen Lieferketten ist dies zumindest für den Augenblick eine gewisse Entwarnung.
Allerdings sollte auch ein anderer Aspekt Beachtung finden: Auch eine schwächere globale Nachfrage hat zur Drosselung der chinesischen Ausfuhren beigetragen. Vor allem nach Europa und Japan gingen weniger Warenlieferungen, insbesondere langlebige Konsumgüter wie Elektronikprodukte waren weniger gefragt. Dies lässt darauf schließen, dass die Verbraucher in den Industrieländern ihre Konsumausgaben angesichts der hohen Energiepreise stutzen. Gleichzeitig fallen überall die Corona-Beschränkungen, der Bedarf nach langlebigen Konsumgütern sinkt zugunsten des Dienstleistungskonsums. Die Export-Sonderkonjunktur, die Chinas Wirtschaft in den letzten zwei Jahre entscheidend gestützt hat, scheint sich ihrem Ende zuzuneigen. Im Umkehrschluss heißt das: Auch wenn China den Lockdown in Schanghai aufhebt, ist nicht notwendigerweise mit Nachholeffekten, sprich: einem kräftigen Rebound der Exporte zu rechnen.
Jedoch sieht es momentan noch nicht einmal nach Lockerungen der Null-Covid-Maßnahmen aus. Die Fallzahlen in Schanghai sinken zwar deutlich, sind für China aber mit mehreren Tausend Neuinfektionen am Tag weiterhin recht hoch. Zu hoch für die chinesische Regierung offenbar, denn die leichten Lockerungen der vergangenen Tage wurden zuletzt wieder zurückgenommen und die uneingeschränkte Fortsetzung der Null-Covid-Politik betont. Damit ist völlig offen, wann sich China aus dem aktuellen Alarmzustand löst.
Die Wachstumsrisiken für die chinesische Wirtschaft bleiben also hoch: Der anhaltende Lockdown in Schanghai und Einschränkungen in zahlreichen anderen Städten werden den Konsum in China wohl noch länger belasten. Neue Lockdowns könnten die Lage verschärfen. Gleichzeitig lässt die hohe globale Nachfrage als wichtige Konjunkturstütze nach. Und ob die Exportlogistik den Einschränkungen auch längerfristig standhalten kann, ist fraglich. Damit bleiben auch die Aussichten für die Lieferketten unsicher.
-- Monika Boven