Frankreich: Macron bleibt Präsident
Emmanuel Macron ist Sieger der Stichwahl und bleibt damit französischer Staatspräsident. Der Blick richtet sich jetzt auf die Parlamentswahlen Anfang Juni.
Die Stichwahl um das Amt des französischen Staatspräsidenten hat am Sonntag Emmanuel Macron eine zweite Amtszeit beschert: Der Amtsinhaber setzte sich mit 58,5% gegen seine Konkurrentin Marine Le Pen durch, die 41,5% der Stimmen erreichte. Im Vergleich zum Wahlgang vor fünf Jahren (66,1% für Macron vs. 33,9% für Le Pen) konnte die Rechtspopulistin ein deutlich besseres Ergebnis erzielen. Die Wahlbeteiligung fiel mit 72,0% im Vergleich zur letzten Präsidentschaftswahl 2017 (74,6%) geringer aus.
Das Ergebnis dürfte vom politischen Establishment (nicht nur in Frankreich) mit Erleichterung aufgenommen worden sein. Macrons Wiederwahl sollte für eine gewisse Kontinuität, insbesondere mit Blick auf die Außen- und Europapolitik, sorgen. Wirtschaftspolitisch dürfte sich Macron unter anderem daran messen lassen, ob die geplante Anhebung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre glückt oder nicht – heftige Proteste, sowohl inner- als auch außerparlamentarisch, sind zu erwarten.
Dies gilt umso mehr, als die Wahl ein gespaltenes Land zeigt: Im ersten Wahlgang erreichten die Parteien des linken und rechten Randes in Summe eine absolute Mehrheit. Der erste Lackmustest für Macron und seine neue Regierung, die der Präsident alsbald vorstellen dürfte, sind die Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni.
Bislang hat Macrons Partei La République En Marche (LREM) in der 577 Abgeordnete umfassenden Nationalversammlung eine klare Mehrheit. Auch wenn ihm das französische Präsidialsystem weitaus größere Machtbefugnisse verleiht, würden ein feindlich gesinntes Parlament und eine entsprechende Regierung („Cohabitation“) Macrons zweite Amtszeit deutlich erschweren.
Aufgrund des zweigängigen Mehrheitswahlrechts macht es jedoch wenig Sinn, die Ergebnisse der (ersten Runde der) Präsidentschaftswahlen als Indikator für die Parlamentswahlen zu nutzen. So errangen die Parteien von Linkspopulist Mélenchon und Rechtspopulistin Le Pen 2017 nur 17 bzw. acht Sitze (bei der Präsidentschaftswahl waren die beiden Kandidaten in Summe auf mehr als 40% der Stimmen gekommen).
Der Kapitalmarkt dürfte das Wahlergebnis mit Wohlwollen aufnehmen. Allerdings war ein Sieg Macrons das Basisszenario gewesen, sodass es im Vorfeld nicht zu signifikanten Spreadausweitungen gekommen war, die nun revidiert werden müssten. Auch an den EWU-Staatsanleihemärkten liegt der Fokus derzeit klar auf dem Anstieg des allgemeinen Zinsniveaus vor dem Hintergrund der erwarteten EZB-Leitzinswende.
-- Christian Lenk