Ölpreis baut geopolitischen Risikoaufschlag auf

Der Rohölpreis enteilt im bisherigen Jahresverlauf mit einem Plus von 13,9% den meisten anderen Rohstoffen. Die Omikron-Variante des Corona-Virus wird zwar für eine Nachfragedelle im ersten Quartal 2022 sorgen, allerdings wird sie wegen überwiegend milden Omikron-Verläufen geringer ausfallen als noch Ende 2021 veranschlagt. Der Ölmarkt konzentriert sich aktuell auf die Angebotsseite. Die Opec+ erreicht bisher nicht dauerhaft ihre Produktionsziele. Insbesondere Russland hat Schwierigkeiten, die geplanten Produktionssteigerungen zu realisieren, wobei nicht auszuschließen ist, dass Moskau die geringere Produktion in Kauf nimmt.


Bei Preisen um die 90 USD wird a) die Angebotsseite positiv reagieren, b) die hohen Preise einen Nachfrage-Dynamikverlust implizieren und c) die Investitionsbereitschaft wieder steigen. Damit baut sich der Knappheitsgrad 2022 ab – es dürfte ein Angebotsüberschuss von 2,2 MMBD entstehen. Allerdings überlagert die Geopolitik die Versorgungslage, sodass wir zukünftig einen Risikoaufschlag berücksichtigen.

 

Bei einer völligen Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt ist es schwer, eine Ölprognose zu formulieren. Preise von 120 USD wären vorstellbar (Risikoszenario). In unserem Hauptszenario werden die diplomatischen Verhandlungen erfolgreich sein, der Prozess wird sich aber länger hinziehen. Damit bleibt der Ölpreis vorerst hoch. Bei einer Preisbereinigung des Corona-Effektes ergibt sich ein Preisanstieg im Vergleich zum Durchschnittswert 2019 von 34%. Sofern eine Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt ausbleibt, kann also noch nicht von einer Ölpreiskrise gesprochen werden.

 

 

-- Gabor Vogel