Britische Wirtschaft glänzt mit Rekordwachstum in 2021 – aktuelle Belastungen durch Omikron-Welle halten sich in Grenzen
Mit einem Wachstum von 7,5% hat die britische Wirtschaft im vergangenen Jahr förmlich „den Vogel abgeschossen“: Kein anderes Land der G7 hat 2021 eine höhere Wachstumsrate erzielt, auch weltweit gibt es nur wenige Volkswirtschaften, die diesen Wert im letzten Jahr übertreffen konnten. Für das Jahr, in dem der Brexit endgültig vollzogen wurde, ist dies ein bemerkenswertes Ergebnis. Sicherlich darf die kräftige Erholung nicht losgelöst von dem tiefen Einbruch des Krisenjahres 2020 gesehen werden, in dem das Königreich mit -9,4% den höchsten Rückgang der Wirtschaftsleistung im Kreis der G7 erlitt. Das Niveau vom Schlussquartal 2019 ist inzwischen aber fast erreicht. Ohne den Brexit, der eine Erholung der Ausfuhren im vergangenen Jahr verhinderte, wäre das Vorkrisenniveau wahrscheinlich jetzt schon wiederhergestellt, denn auf die ausgabenfreudigen britischen Konsumenten war auch 2021 Verlass. So aber hat der Außenhandel das Wachstum im vergangenen Jahr um über einen Prozentpunkt gedrosselt.
Auch im Schlussquartal 2021 hat die britische Wirtschaft ein solides Wachstumsplus von 1,0% erzielt, trotz der Belastungen durch die Tankstellenkrise zum Quartalsauftakt sowie der in Großbritannien relativ frühen Ausbreitung der Omikron-Variante in der zweiten Quartalshälfte. Die Corona-Maßnahmen haben im Dezember zwar erwartungsgemäß Einzelhandel, Gastronomie und Unterhaltungsbranche stark belastet. Dies wurde aber durch kräftige Zuwächse im Gesundheitssektor, bei den IT-Unternehmen sowie in der Bauwirtschaft beinahe ausgeglichen. Ohnehin hat eine kräftige Investitionsnachfrage entscheidend zum guten Wachstumsergebnis des Schlussquartals beigetragen, vermutlich auch dank der Sonder-Abschreibungsmöglichkeiten, mit dem die britische Regierung bis Frühjahr kommenden Jahres gezielt Investitionsanreize setzt.
Den Scheitelpunkt der Omikron-Welle scheint Großbritannien schon Mitte Januar hinter sich gelassen zu haben, was die Regierung umgehend für Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen genutzt hat. Das ist ein kalkuliertes und sicherlich auch politisch motiviertes Risiko von Premier Johnson, epidemiologisch scheint die Rechnung bislang aber aufzugehen, die Welle klingt weiter ab. Wir rechnen daher nach dem leichten BIP-Minus im Dezember und einem voraussichtlich ebenfalls leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung im Januar bereits im laufenden Monat Februar mit ersten Aufholeffekten und haben unsere Wachstumsprognose für dieses Jahr unlängst von 4,2 auf 4,4% angehoben. Dass die konjunkturellen Bäume trotzdem nicht noch stärker in den Himmel wachsen, liegt vor allem an der in den letzten Monaten rasant gestiegenen Inflation, die bereits im Dezember 5,4% erreicht hat und bis April auf über 6,5% steigen dürfte. Dadurch wird nicht nur die Kaufkraft der Konsumenten deutlich geschmälert. Auch die Bank of England dürfte nach der bereits eingeleiteten Zinswende mit vier weiteren Zinsschritten im Jahresverlauf die Konjunkturdynamik zunehmend dämpfen.
-- Monika Boven