30 Jahre Mittelstandsumfrage, aber dem Mittelstand ist nicht nach Feiern zumute
Im deutschen Mittelstand blieb die Stimmung auch in diesem Herbst noch trübe: Zwar bewerteten die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage etwas besser. Dafür schätzten sie ihre Erwartungen aber weniger optimistisch ein.
Nach zwei Rezessionsjahren dürfte auch dieses Jahr noch nicht mit einem nennenswerten Wachstum abschließen. Daran konnten auch die bisherigen Maßnahmen der schwarz-roten Bundesregierung nichts ändern. Unter dieser anhaltenden Wachstumsschwäche leiden zudem immer mehr mittelständische Unternehmen.
Sowohl das Sondervermögen für Infrastruktur als auch die Aussetzung der Schuldenbremse für Verteidigungs- und Sicherheitsausgaben, die 1% des Bruttoinlandsprodukts übertreffen, werden sich erst langfristig positiv auf Wirtschaft und Mittelstand auswirken. Vorerst überwiegen jedoch noch die Belastungen aus der erratischen Außenhandelspolitik der USA.
Auch die Ergebnisse unserer 60. VR Mittelstandsumfrage geben noch keine Entwarnung. Die Mittelständler schätzen zwar ihre aktuelle Geschäftslage erstmals seit zweieinhalb Jahren wieder etwas besser ein. Dafür verschlechtern sich ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate spürbar. Beide Indikatoren liegen zudem weiter deutlich unter ihrem Durchschnitt aus 30 Jahren Mittelstandsumfrage.
Unter dem Konjunkturverlauf leidet auch die Investitionsbereitschaft, die in diesem Herbst auf ihr schlechtestes Ergebnis seit der Finanzkrise zurückfiel. Nur noch knapp 63% der mittelständischen Unternehmen planen, im nächsten halben Jahr in ihr Unternehmen zu investieren. Vor einem halben Jahr waren es noch 66%. Der langjährige Durchschnitt liegt sogar bei 73%. Dabei ist die Investitionsbereitschaft im Metall-, Automobil- und Maschinenbau aktuell am geringsten (54%). Zusammen mit dem Handel und dem Ernährungsgewerbe plant diese Industriebranche zudem mehrheitlich einen Personalabbau.
Auch in diesem Herbst bleiben Bürokratie, Lohnkosten und Fachkräftemangel die wichtigsten aktuellen Problemfelder für den Mittelstand. Die schwache Konjunktur verschärft aber an anderen Stellen die Schwierigkeiten der Mittelständler: So erreicht die Sorge um die Auftragslage ein Allzeit-Hoch. Auch bei der Konkurrenzsituation und der Zahlungsmoral nahm die Besorgnis gegenüber unserer Frühjahrsumfrage zu.
Angesichts der Fiskalpakete dürften sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die mittelständischen Unternehmen zwar in den nächsten Jahren etwas aufhellen. Wünschenswert wären darüber hinaus aber längst überfällige, langfristig wirkende Reformen sowie stärkere Maßnahmen der Politik gegen die Problemfelder Bürokratie, Lohnkosten und Fachkräftemangel. Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung waren hier allenfalls ein erster Schritt in die richtige Richtung.
-- Dr. Claus Niegsch

