China: Konjunkturhoch vor dem Zollschock

China meldet für das erste Quartal einen soliden BIP-Zuwachs von 5,4%. Vorzieheffekte und Fiskalhilfen haben das Wachstum gestützt. Der Ausblick auf das weitere Jahr ist angesichts dramatischer Zollerhöhungen und der unberechenbaren US-Politik allerdings ungewöhnlich düster.
 


Chinas Wirtschaft ist mit einem ordentlichen Wachstumspolster in dieses schwierige, vom Handelsstreit mit den USA geprägte Jahr gestartet. Im Vorjahresvergleich erreichte das Wirtschaftswachstum im abgelaufenen ersten Quartal genau wie im Schlussquartal 2024 eine Rate von 5,4%. Sie lag damit noch einmal oberhalb der für 2025 angepeilten Zielmarke von 5% – wahrscheinlich allerdings auch zum letzten Mal in diesem Jahr. Vor allem im März konnten alle Wirtschaftsbereiche nach der feiertagsbedingt etwas schwächeren Entwicklung im Januar/Februar noch einmal kräftig zulegen: Die Industrieproduktion beschleunigte auf 7,7% (J/J), wodurch das Wachstum im gesamten ersten Quartal mit 6,6% (J/J) auf den höchsten Wert seit vier Jahren kletterte. Auch die Ausfuhren sind im zurückliegenden Monat mit einem Anstieg von über 12% (J/J) noch einmal sehr stark ausgefallen. Der Einzelhandel erreichte mit fast 6% (J/J) das beste Wachstum seit Anfang letzten Jahres.

 

Vorzieheffekte und Fiskalhilfen sorgen für kräftiges Q1

Wirtschaftspolitisch ist die chinesische Regierung derzeit gleich von zwei Seiten unter Druck: Die inzwischen einige Jahre dauernde Immobilienkrise schwelt weiter – auch das zeigen die gerade veröffentlichten mauen Zahlen zu Bauinvestitionen, Wohnungsverkäufen und -preisen – und verunsichert weiterhin die Verbraucher. Zur Ankurbelung des Konsums hat Peking daher „Abwrackprogramme“ für langlebige Konsumgüter ins Leben gerufen. Die Effekte haben sich jetzt in den starken Einzelhandelszahlen niedergeschlagen, vor allem die geförderten Produktgruppen (Möbel, Handys und Haushaltsgeräte) legten zu.

 

Dramatisch allerdings ist der Gegenwind, der China außenwirtschaftlich durch die Zölle Donald Trumps entgegenschlägt. Schon im Februar und März hatte der US-Präsident die Importzölle auf chinesische Waren um insgesamt 20 Prozentpunkte erhöht. Dass die Exporte aus der Volksrepublik trotzdem auch zuletzt noch so stark expandierten, hängt vor allem mit Vorratskäufen amerikanischer Unternehmen zusammen, die sich vor den Zöllen mit Produkten aus China eingedeckt haben. Teils hatten sie die Waren wohl bereits geordert – die relativ frühen Zollanhebungen waren dann doch eine Überraschung. Teils dürften sie aber auch Sorgen vor noch höheren Zöllen gehabt haben und sollten Recht behalten: In den vergangenen zwei Wochen ist der Zollstreit zwischen den beiden ökonomischen Supermächten vollends eskaliert und die (gegenseitigen) Zölle sind auf prohibitiv hohe Niveaus von weit über 100% angehoben worden.

 

Ausblick: Wirtschaftswachstum in China bremst scharf ab

Der Ausblick für den weiteren Konjunkturverlauf in China ist dadurch ungewöhnlich düster. Die Vereinigten Staaten sind immer noch das wichtigste Abnehmerland für chinesische Exporte, fast 15% aller Ausfuhren Chinas gingen letztes Jahr in die USA. Dies dürfte sich ab diesem Frühjahr schlagartig ändern: Es ist mit einem massiven Einbruch der Absatzzahlen auf dem US-Markt zu rechnen, bereits jetzt werden massenhaft Aufträge storniert und Lieferungen eingefroren. Auch Chinas Gesamtexporte dürften deutlich einknicken und empfindliche Bremsspuren in der Wirtschaft hinterlassen. Dabei rächt sich, dass der Außenhandel in den vergangenen zwei Jahren die wichtigste Stütze der chinesischen Konjunktur war, während die Binnennachfrage krisenbedingt lahmte. Daran ändert auch das aktuelle Abwrackprogramm wenig, das nur ein vorübergehendes Strohfeuer zu entfachen vermag. Für eine dauerhafte Stärkung des privaten Konsums bedarf es dagegen tiefgreifender Strukturreformen.

 

Wir rechnen vor diesem Hintergrund mit einer deutlichen Verlangsamung des chinesischen Wirtschaftswachstums über das soeben begonnene Sommerhalbjahr. Zwar ist Donald Trump bei den Zöllen auf die wichtigen China-Importe Handys und Computer zuletzt zurückgerudert – sie machen bislang gut ein Fünftel aller Lieferungen Chinas in die USA aus. Trotzdem bleibt das Zollniveau für alle anderen Waren dramatisch hoch, genauso wie die Unsicherheit über den weiteren Kurs der Trump-Regierung. Selbst wenn die jüngsten Eskalationszölle in den kommenden Monaten revidiert werden – wovon wir ausgehen – bleibt der Durchschnittszoll gegenüber China bei rund 70%. Dies unterstellt, rechnen wir 2026 nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 2,7% in China. Im laufenden Jahr dürfte dank des jetzt veröffentlichten starken ersten Quartals noch ein Wachstum von 4,2% erreicht werden.

 

-- Monika Boven