Hauspreise 2023 bislang weitgehend stabil, aber deutlicher Rückgang im Neubau und bei Wärmepumpen
Sommerliche Hochgefühle kommen am deutschen Wohnungsmarkt nicht auf. Zum Anstieg von Zinsen und Baukosten ist noch die Verunsicherung durch das „Heizungsgesetz“ hinzugekommen. Nach dem Neubau ist deshalb die Umrüstung auf nachhaltige Heiztechnik ins Stocken gekommen. Dagegen zeigen sich die vom knappen Angebot geprägten Immobilienwerte einigermaßen robust.
Seit dem vergangenen Jahr musste der erfolgsverwöhnte Immobilienmarkt einiges wegstecken: Nach dem steilen Anstieg von Zinsen und Baukosten kam Anfang 2023 noch das „Heizungsgesetz“, wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG) landläufig genannt wird, als Belastungsfaktor hinzu. Obwohl noch nicht einmal beschlossen, verursacht das GEG durch die hohe Verunsicherung der Hauseigentümer das Gegenteil des Gewollten: In den Ausstellungsräumen des Sanitärgewerbes steuern die Kunden daher trotz hoher Förderung nicht auf Wärmepumpen, sondern meist auf die Gas- und Ölbrenner zu. Nach fast 100.000 Förderanträgen für Wärmepumpen im ersten Halbjahr 2022 waren es im Vergleichszeitraum dieses Jahres nur noch halb so viele. Für die Besteller könnte sich der Einbau einer neuen Gas- oder Ölheizung angesichts steigender CO2-Preise aber als Fehler erweisen. Für die Allgemeinheit ist es auf jeden Fall ungünstig. Weil am Ziel Klimaneutralität bis 2045 wohl nicht mehr gerüttelt wird, muss die Sinkrate der „Defossilisierung“ im Heizungskeller womöglich umso steiler ausfallen.
Ebenso unerfreulich fallen die Zahlen für den Wohnungsbau aus. Die gerade für Mai veröffentlichten Baugenehmigungen lagen mit rund 23.500 Wohnungen im Neubau und mit Bestandsmaßnahmen ein Viertel unter dem Vorjahresmonat. Dabei dürfte es weiter abwärts gehen, denn die Anträge für die jüngst erteilten Baugenehmigungen wurden meist schon vor vielen Monaten eingereicht. Ein Indiz dafür ist, dass das Minus bei neuen Ein- und Zweifamilienhäusern mit rund 40% doppelt so hoch ausfällt wie bei den meist erheblich komplexeren Bauvorhaben im Geschosswohnungsneubau. Während Eigenheime meist an der Finanzierbarkeit scheitern, lastet auf Mietwohnungen die fehlende Wirtschaftlichkeit. Zudem wiegt ein Rückgang beim Wohnbau schwerer in anderen Branchen. Durch die wachsende Bevölkerung weitet sich die Bedarfslücke am Wohnungsmarkt noch zusätzlich aus. Die negativen Folgen gehen über den Frust der Wohnungssuchenden hinaus. Finden Bewerber aus dem In- und Ausland keine Wohnungen, wird die Einstellung von Fachkräften noch schwieriger.
Der Handel mit Wohnimmobilien läuft auch nicht rund. Die Neukreditvergabe von privaten Baufinanzierungen hat sich mit monatlich rund 13 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahresniveau halbiert. Gemessen an den von 1% auf 4% gestiegenen Bauzinsen zeigen sich die Preise für Wohnimmobilien aber halbwegs stabil. Die Juni-Werte des monatlich veröffentlichten Europace-Hauspreisindexes lagen zwar leicht unter dem im Mai gemessenen Niveau, doch insgesamt betrachtet lag der Index zur Jahresmitte 2023 nur marginal unter dem Endstand von 2022. Der größte Teil des bisherigen Preisrückgangs entfiel damit in die zweite Hälfte des Vorjahres. Gegenüber der Jahresmitte 2022 haben sich Wohnimmobilien nach dem Europace-Index um insgesamt 6% verbilligt. Bei Bestandsimmobilien ist das Minus mit rund 9% größer. Demgegenüber wurden Neubauten geringfügig teurer. Da es sich um nominale Werte handelt, erreicht die um die Inflation bereinigte reale Bewertung von Wohnimmobilien sogar ein zweistelliges Minus. Der Mix aus hohen Zinsen, trüber Wirtschaftslage und Verunsicherung könnte die Preise aber noch sinken lassen, vor allem bei Immobilien mit schlechter Energieeffizienz. Gebremst wird der Rückgang aber vom knappen Angebot und den deshalb kräftig steigenden Wohnungsmieten.
Thorsten Lange