Deutsche Sparquote sinkt 2022 stark, erreicht aber trotz Rekordinflation hohes Niveau

Angesichts der hohen Inflation hätte man im letzten Jahr einen Einbruch der privaten Sparquote erwarten können. Vor allem Haushalten mit niedrigen Einkommen fällt es durch die gestiegenen Preise schwer, Geld auf die hohe Kante zu legen. Und tatsächlich ist die Sparquote 2022 weit unter die corona-bedingten Rekordjahre 2020 und 2021 gesunken. Mit 11,4% sparten die Bürger allerdings deutlich mehr als im Durchschnitt der Jahre vor Corona-Ausbruch.
 


2022 sollte eigentlich das Jahr einer spürbaren Wirtschaftserholung werden. Spätestens ab Frühjahr konnte durch das Auslaufen von Corona-Beschränkungen eine kräftige Konsumbelebung erwartet werden. In der Corona-Zeit waren die Konsummöglichkeiten stark eingeschränkt und die Sparquote erreichte 2020 mit 16,4 und 2021 mit 15,1% neue Höhen. Ohne den Ukraine-Krieg hätte man daher erwarten können, dass die privaten Haushalte die 2022 zurückgewonnenen Freiheiten nutzen und zurückgestellten Konsum ausgiebig nachholen. Dadurch wäre die Sparquote sogar deutlich unter den langjährigen Vor-Corona-Durchschnitt von 10,2% gefallen. Stattdessen hat sie sich 2022 mit 11,4% darüber eingependelt.

 

Dem Bedürfnis, Corona-Entbehrungen nachzuholen, steht jedoch eine hohe Unsicherheit entgegen. Auslöser sind der Krieg, die Energiekrise und wirtschaftliche Probleme. Traditionell reagieren Haushalte auf Krisen mit Konsumeinschränkung und Sparen, so auch diesmal. Die bis Oktober immer weiter einbrechende Verbraucherstimmung sorgte für eine relativ hohe Sparquote, die im Schlussquartal 2022 um fast 2%-Punkte über Durchschnittsniveau lag. Dazu haben auch spürbare nominale Einkommenszuwächse beigetragen. Neben zuletzt hohen Tariflohnabschlüssen und kräftigen Rentenanhebungen waren das Unterstützungen wie die Energiepreispauschale oder steuerfrei ausgezahlte Inflationsausgleichsprämien.

 

Die Verbraucherstimmung hat sich zuletzt zwar aufgehellt, bleibt insgesamt aber pessimistisch. Vor allem bei der Anschaffungsneigung sind kaum Verbesserungen erkennbar. Viele Haushalte bleiben vorsichtig, weil sie hohen Nebenkostennachzahlungen fürchten. Auch im laufenden Quartal dürfte die Sparquote daher relativ hoch ausfallen. Erst mit der allmählichen wirtschaftlichen Erholung im weiteren Jahresverlauf dürfte die Unsicherheit weichen und die Sparneigung nachlassen. Insgesamt bleibt der Konsum 2023 aber schwach.

 

-- Michael Stappel