Türkei: Inflation schrumpft, tatsächlicher Druck wird verschleiert
Im Dezember sank die Inflation in der Türkei deutlich auf „nur noch“ 64,3%. Gegenüber dem Vormonat stiegen die Verbraucherpreise jedoch weiter an. Der weitere Rückgang der Inflation dürfte sich sehr zögerlich gestalten.
Im Hinblick auf die Inflation sieht es für die Konsumenten in der Türkei fast nach einem versöhnlichen Jahresende 2022 aus. Von einem Oktober-Wert von 85,5% und auch stattlichen 84,4% im November plumpste die Inflationsrate im Dezember auf „nur noch“ 64,3%. Aber nur der erste Blick vermittelt den Eindruck, dass der Preisdruck für die privaten Haushalte jetzt dahinschmelzen wird, wie der Schnee in der Frühlingssonne. Denn der jetzige deutliche Rückgang der Inflation ist vor allem ein gegenläufiger Effekt zum kräftigen Anstieg im Dezember 2021. Deshalb war zwar eine Entlastung erwartet worden, allerdings nicht ganz so stark, wie jetzt eingetreten.
Hinzu kommt, dass heute Morgen zeitgleich für die Erzeugerpreise erstmals seit Anfang 2019 eine rückläufige Entwicklung gegenüber dem Vormonat bekannt gegeben wurde. Dennoch ist es nach unserer Meinung viel zu früh, um den Belastungsfaktor „Inflation“ für die Kaufkraft der Konsumenten kleinzureden. Denn auch im Dezember verteuerte sich ein durchschnittlicher Warenkorb um 1,2% im Vergleich zum Vormonat. Dahinter verbergen sich Entlastungen bei den Energiepreisen, aber auch Zuwächse von fast 6% im Gesundheitsbereich. Letztlich zeigte sich auf Basis der Kernrate – ein Maßstab, der volatile Bereiche wie Energie, Nahrungsmittel und auch Tabak ausschließt – erneut ein deutliches Preisplus von 1,9%. Der Preisauftrieb im Kern ist damit weiterhin deutlich größer als im langjährigen Mittel.
Wir halten deshalb an unserer Einschätzung fest, dass sich der Preisdruck in der Türkei nur sehr zögerlich abbauen wird. Im Jahresdurchschnitt 2023 dürfte die Inflation nur knapp unterhalb von 40% notieren, nach 72% im Vorjahr. Vor allem kräftige Lohnsteigerungen und die Schwäche der türkischen Lira halten den Kostendruck bei den Unternehmen hoch, diesen dürften sie auch weiterhin möglichst an die Verbraucher weitergeben.
-- Dr. Christine Schäfer