Sonderumfrage: Mittelstand sorgt sich um Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft

Aus einer aktuellen Sonderbefragung unter mehr als 1.000 Mittelständlern geht hervor, dass die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands für vier von fünf Befragten in den vergangenen Jahren zunehmend in Gefahr geraten ist.
 


Die wiederholten Krisen der vergangenen Jahre haben der deutschen Wirtschaft spürbar zugesetzt und ihre Wettbewerbsfähigkeit deutlich belastet. Vor allem die früher zwischen den Krisen stattfindenden, länger anhaltenden Erholungsphasen fehlen den Mittelständlern seit der Pandemie. Zwar haben staatliche Unterstützungsmaßnahmen wie Corona-Hilfen oder Gas- und Strompreisbremsen Schlimmeres verhindert. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft litt dennoch stärker unter den globalen Krisen, auch wegen der kurzfristig notwendig gewordenen Umstellung der Gasversorgung.

 

Laut unserer aktuellen Sonderbefragung sind mehr als vier von fünf Mittelständlern der Überzeugung, dass Deutschland dadurch an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat. Überdurchschnittlich fällt die Zustimmung hierzu in der Agrar- und Ernährungsbranche und im Baugewerbe aus. In der Elektroindustrie ist die Zustimmungsrate mit immer noch mehr als drei Viertel der Befragten am geringsten.

 

46% der mittelständischen Unternehmen sind sogar der Ansicht, dass Deutschland der „kranke Mann Europas“ ist. Am stärksten fällt die Zustimmung dazu bei den von der Zinswende stark getroffenen mittelständischen Bauunternehmen aus. Unter ihnen halten sogar 59% der Befragten Deutschland für den „kranken Mann Europas“.

 

Immerhin halten die Befragten ihr eigenes Unternehmen für geringer belastet: So sieht weniger als ein Viertel ihr Unternehmen von einer geringeren Wettbewerbsfähigkeit betroffen. Als Folge der anhaltenden Konjunkturschwäche halten dennoch 36% der Mittelständler eine Umstrukturierung für notwendig und für 30% ist eine Neuausrichtung von Produktion oder Unternehmenstätigkeit kurzfristig relevant.

 

Die hohen Energiekosten werden oft als wichtigster Grund für den Wettbewerbsverlust der deutschen Wirtschaft identifiziert. Mehr als 70% der Befragten halten einen subventionierten Strompreis nur für die Industrie aber für ungerecht. Dass die Begeisterung für einen günstigeren Industriestrompreis bei den Mittelständlern im Handel eher gering ausfällt, deutet auf ein grundsätzliches Problem hin: Eine solche Ermäßigung käme nur ausgewählten Unternehmen zugute, während die Finanzierung über Steuermittel die Gemeinschaft zu tragen hätte, also neben privaten Konsumenten auch nicht davon profitierende Unternehmen. Das betrifft auch die nun von der Bundesregierung geplante Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe sowie die Ausweitung der Strompreiskompensation für am stärksten im internationalen Wettbewerb stehende Konzerne. Immerhin würden von der geplanten Stromsteuersenkung aber zumindest die Mittelständler in der Industrie profitieren.

 

-- Dr. Claus Niegsch


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