Parlamentswahl Polen: Alles dreht sich um den künftigen EU-Kurs

Die Wahl am 15. Oktober entscheidet über Polens EU-Kurs. Die PiS führt, der andauernde EU-Konflikt schadet. Die Wirtschaft schwächelt, zeigt jedoch Erholungsansätze. Polnische Eurobonds sind gefragt. Die Zentralbank hat den Zins deutlich gesenkt, wodurch der Zloty unter spürbaren Abgabedruck geraten ist.

 

 

Nationalkonservative PiS hat gute Chancen - Streit zwischen Regierung und EU
Die Parlamentswahlen in Polen am 15. Oktober stehen ganz im Zeichen der künftigen EU-Orientierung des Landes. Das PiS-geführte Wahlbündnis (ZP) unter Jaroslaw Kaczynski ist EU-kritisch, das oppositionelle Pendant (KO) unter Donald Tusk EU-freundlich. Umfragen sehen die ZP mit ca. 36% der Stimmen in Führung, gefolgt von der KO mit ca. 30%. Sollte die ZP die absolute Mehrheit verfehlen, könnte die rechtsextreme Partei Konfderacja zum Zünglein an der Waage werden. Die aktuell regierende nationalistische Regierung in Warschau und die EU-Kommission streiten seit Jahren. Brüssel beklagt insbesondere anhaltende Verstöße gegen europäische Regeln zur Rechtsstaatlichkeit. Die EU hat bereits Gelder ausgesetzt, was zu Haushaltsdefiziten führt. Eine Lösung des Konflikts könnte EU-Investitionen freisetzen und das Wirtschaftswachstum ankurbeln.

Die polnische Konjunkturlokomotive hat scharf gebremst
Polens Wirtschaft und insbesondere der Industriestandort Polen leiden unter der schwachen globalen Nachfrage, vor allem bei wichtigen Handelspartnern wie Deutschland und China. Immerhin hat sich das Konsumklima in Polen dank steigender Löhne und eines robusten Arbeitsmarktes verbessert, was das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr ankurbeln dürfte. Dennoch belasten hohe Inflationsraten, eine schwache Industrie und der Streit mit der EU die Wachstumsaussichten. Die DZ BANK Konjunkturprognosen für 2023 (BIP-Prognose: +0,5%) und 2024 (+2,1%) liegen zum Teil deutlich unter dem Trendwachstum, das der IWF auf etwa 3% schätzt.

Polnische Eurobonds teuer – Geldpolitik nimmt Einfluss auf Zloty
Polen wird von den Ratingagenturen aufgrund seiner stabilen und diversifizierten Wirtschaft, seiner EU-Mitgliedschaft und seiner moderaten Schuldenquote positiv bewertet. Trotz der wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen haben sich die Spreads polnischer Eurobonds in den vergangenen Monaten sogar eingeengt. Ein Wahlsieg der PiS wäre auch aus Marktsicht keine Überraschung und dürfte die Anleger daher kaum in Schrecken versetzen. Der Zloty wird derzeit vor allem von globalen Faktoren beeinflusst, während der politische Konflikt mit der EU den Wechselkurs bislang lediglich temporär beeinflusst hat. Langfristig sind Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität für Investoren entscheidend. Die überraschende kräftige Leitzinssenkung der polnischen Zentralbank im September hat den Zloty spürbar unter Abwertungsdruck gesetzt. Spekulationen über eine politisch motivierte Zinssenkung konnte die NBP jedoch mit einer umsichtigen Lockerung im Oktober zurückdrängen.

-- Dr. Sandra Striffler
-- Daniel Lenz
-- Matthias Schupeta


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