Britische Inflation: Für Entwarnung noch zu früh

Die Inflationsrate in Großbritannien hat sich im Juni ein gutes Stück ermäßigt, auch die Kernrate gab leicht nach. Der hohe Lohndruck macht sich aber immer noch bei den Dienstleistungspreisen bemerkbar. Die Bank of England hat weiter Handlungsbedarf.

 

 

Zumindest der Schreck vom letzten Monat hat sich nicht wiederholt, als die britische Inflationsrate vom Mai unerwartet bei hohen 8,7% verharrte und die Kernrate sogar weiter gen Norden steuerte. Jetzt hat die Teuerungsrate in Großbritannien im Juni aber deutlich auf 7,9% nachgegeben und damit sogar die (allerdings sehr vorsichtigen) Markterwartungen unterboten. Die Kernrate ermäßigte sich ebenfalls leicht von 7,1 auf 6,9%. Für die Bank of England, die ihre Alarmbereitschaft zuletzt mit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte demonstriert hat, sind dies sicherlich erleichternde Nachrichten.

 

Trotzdem ist es für eine Entwarnung an der britischen Inflationsfront noch viel zu früh. Im internationalen Vergleich bleibt der Preisauftrieb in Großbritannien ein Ausreißer, knapp fünf Prozentpunkte liegt die britische Teuerungsrate inzwischen über ihrem US-Pendant, gegenüber der EWU-Inflationsrate beträgt der Abstand immer noch zweieinhalb Prozentpunkte. Auch die britische Kernrate übersteigt die Vergleichszahlen aus den USA und der Währungsunion weiterhin deutlich. Außerdem ist der aktuelle Rückgang der Inflationsrate zu einem wesentlichen Teil auf statistische Basiseffekte zurückzuführen: Im Juni vergangenen Jahres waren die Verbraucherpreise sehr stark gestiegen, in diesem Jahr aber nur noch leicht überdurchschnittlich – dadurch hat sich der Abstand im Jahresvergleich deutlich verringert. Positiv ist, dass vor allem Energiegüter inzwischen wieder erheblich günstiger sind. Auch der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln ebbt allmählich ab. Der Preisanstieg bei vielen Dienstleistungen ist aber immer noch erhöht, vor allem aufgrund der stark gestiegenen Löhne. Handwerkerleistungen haben sich zuletzt ebenso weiter verteuert wie Versicherungen oder Reisen.

 

Dass die Unternehmen die höheren Lohnkosten überhaupt an die Verbraucher weiterreichen können, hängt auch mit der vergleichsweise robusten Konsumnachfrage zusammen, die bislang von Staatshilfen und den kräftigen Lohnzuwächsen gestützt wird. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Inflation nur dann nachhaltig zum 2%-Ziel der Bank of England zurückkehren wird, wenn sich der Konsum stärker abschwächt. Der Job der Notenbank ist daher wohl noch nicht erledigt, wir erwarten noch zwei weitere Zinserhöhungen in den kommenden Monaten bis zu einer Spitze von 5,50%. Allerdings dürfte der Druck von den Währungshütern, die Leitzinsen auf der nächsten Sitzung erneut um 50 Basispunkte anzuheben, mit den aktuellen Inflationszahlen erst einmal genommen sein.

 

Die höheren Leitzinsen und die damit verbundenen höheren Zinskosten zum Beispiel für Immobilienbesitzer, die ihre Hypotheken bald refinanzieren müssen, dürften in den kommenden Monaten aber für Bremseffekte beim privaten Konsum sorgen. Wir haben unlängst unsere Konjunkturprognose für Großbritannien gesenkt und erwarten jetzt eine Stagnation der britischen Wirtschaft bis weit ins kommende Jahr. Das wird die Inflation dämpfen, unter 2% dürfte sie jedoch im kommenden Jahr noch nicht fallen.

 

-- Monika Boven


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