Private Haushalte: Schwieriges Umfeld für deutsche Sparer trotz gestiegener Zinsen

Das Umfeld für Sparen und Geldanlage der privaten Haushalte in Deutschland hat sich zuletzt radikal gewandelt. Mehr als zehn Jahre waren niedrige, teils negative Zinsen das alles überschattende Problem. Gerade den deutschen Privathaushalten, die tendenziell eher vorsichtig agieren, brachen dadurch wichtige Anlagemöglichkeiten weg, so dass sich über die Jahre ein gewaltiger Geldanlagestau bildete.

 

 

Die jetzt schnell und kräftig gestiegenen Zinsen eröffnen endlich Perspektiven zur Auflösung des Anlagestaus. In der Spitze waren 31% des gesamten privaten Geldvermögens in Bargeld und Sichteinlagen geparkt – also nicht angelegt. Das allmähliche Abschmelzen des Geldanlagestaus setzte bereits im Schlussquartal des Vorjahres ein. So schoss die Geldanlage in Termineinlagen in die Höhe und Rentenpapiere konnten nach Jahren des stetigen Rückgangs erstmals wieder Zuwächse verzeichnen. Eine Belastung ist jedoch die hartnäckig hohe Inflation, durch die das Sparen schwerer fällt und die zu negativen Realrenditen führt.

 

Tatsächlich dürfte die Sparquote 2023 sinken. Die Rekordwerte während der Corona-Jahre 2020 und 2021 von 16,4 bzw. 15,1% Ersparnis des verfügbaren Einkommens waren eine absolute Ausnahmesituation und insbesondere der Tatsache geschuldet, dass Shopping und Reisen stark eingeschränkt waren. Und auch im letzten Jahr fiel die Sparquote mit 11,3% durch die von Ukraine-Krieg und Energiekrise ausgelöste Unsicherheit vergleichsweise hoch aus. Wenn die Sparquote nach unserer Einschätzung in diesem Jahr auf 10,7% fällt, ist das noch keine niedrige Quote, sondern eher eine Normalisierung.

 

Im letzten Jahr belasteten vor allem die Kurseinbrüche an den Aktienmärkten nach dem Beginn des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine den Geldvermögensaufbau. Da die Kursverluste bis Jahresende nur zum Teil aufgeholt werden konnten, sank der Wert von Aktien und entsprechenden Fonds. Insgesamt schrumpfte das Geldvermögen der privaten Haushalte 2022. Im laufenden Jahr dürfte der Vermögenszuwachs dynamisch voranschreiten. Dazu tragen weitere Kurserholungen an den Aktienmärkten mit teils neuen Rekordständen bei. Hinzu kommt der Zinsanstieg, der allmählich wieder den Vermögensaufbau unterstützt. Bei einer zwar sinkenden, aber noch nicht niedrigen Sparquote dürfte das nominale Geldvermögen in diesem Jahr um rund 6% auf fast 7,9 Billionen Euro wachsen.

 

-- Michael Stappel


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