OPEC+ mit Wumms

OPEC+ senkt Produktionsziele mit Wumms. Marktlage verknappt sich, auch weil die Amerikaner nicht mehr ihre strategische Reserve anzapfen. Rohölpreis wird 100 USD knacken.
 

Die Welt ächzt unter hohen Energiepreisen, und die Volkswirtschaften sehen sich mit hohen Inflationsraten konfrontiert. Die OPEC+ hat allerdings auf ihrem vorgestrigen Meeting verlauten lassen, dass sie diese Empfindlichkeiten wenig interessieren. Dem gen Süden fahrenden Ölpreis-Wagen hat man nicht nur ein Stoppschild an den Rand der Straße gestellt, sondern mitten darauf. Das erweiterte Öl-Kartell macht damit klar, dass man Preise unter 90 USD nicht toleriert. Es wurde beschlossen, die Produktionsziele der OPEC+ ab November um 2 Millionen Barrel pro Tag (MMBD) zu kürzen. Eine so umfangreiche Kürzung gab es zuletzt im Corona-Frühjahr 2020. Da Länder, wie Angola, Kongo und Nigeria, bisher ihre Produktionsziele verfehlten, fällt die Quotenkürzung im Vergleich zur tatsächlichen Ölproduktion bei diesen Ländern nicht ins Gewicht. Anders sieht es zum Beispiel bei Saudi-Arabien aus. Hier ist tatsächlich mit einem geringeren Output zu rechnen. Unterm Strich dürften sich etwa 50% der beschlossenen Kürzung direkt auf den globalen Ölmarkt auswirken. Bis auf die Tatsache, dass bei der Pressekonferenz die Platzkarte mit Namen für Russlands Energieminister Nowak fehlte, signalisierte die OPEC weiterhin bis mindestens Ende 2023 den Schulterschluss mit Russland – wohl zum Missfallen westlicher Länder.

 

Den Amerikanern hat man hiermit ein Bein gestellt, da der Plan für das Anzapfen der strategischen Reserven (Strategic Petroleum Reserve – „SPR“) im Oktober ausläuft. Ob man wegen der stark reduzierten SPR einen solchen Schritt nochmal unternimmt, scheint zumindest fraglich, zumal die USA schon mit einem Wiederaufbau der SPR liebäugelten. Hinter den Kulissen werden in Washington bereits Gegenmaßnahmen diskutiert, da man hohe Ölpreise vor den Midterms eigentlich nicht gebrauchen kann. Ein möglicher Exportstopp von Ölprodukten macht die Runde. Umzusetzen ist dies aber naturgemäß schwierig, weil man damit seinen eigenen Handelsverflechtungen schadet. Auch die Diskussionen um die NOPEC-Legislatur („No Oil Producing and Exporting Cartels Act“), die Kartellklagen regelt, werden wieder lauter werden.

 

Die durch eine mögliche globale Rezession entstandenen Belastungen für den Rohölpreis durch eine nachlassende Nachfrage sind durch das vorgestrige Manöver der OPEC+ abzufedern. Wenn gegen Jahresende die europäischen Sanktionen gegen russisches Tanker-Öl scharf geschaltet werden, dürfte sich die Angebotssituation noch mal verknappen. Sollten die chinesischen Zero-Covid-Maßnahmen nach dem Parteikongress weniger rigoros umgesetzt werden, dürfte sich die Nachfrage dort auch wieder erholen. Zudem wird das Auslaufen der SPR-Anzapfung als Belastungsfaktor in den Wintermonaten wegfallen. Wir bestätigen daher unsere Prognose für das Jahresende von 110 USD.

 

-- Gabor Vogel