Aktienmarktausblick bis Jahresende – neue Indexziele
Rezessionssorgen scheinen bereits eingepreist zu sein, es kommt nun auf die Richtung der Anleiherenditen an. Die Notenbankenrhetorik bleibt daher entscheidend und die Aktienmärkte kurzfristig volatil.
Der Aktienmarkt dürfte weiterhin vorrangig mit der Entwicklung der Anleiherenditen, sprich der Notenbankenrhetorik, atmen. Erstere stellen auf den derzeitigen Niveaus signifikante Opportunitätskosten für Aktienanleger dar. Solange die Zentralbanken, allen voran die Fed, aufgrund der Inflationsentwicklung eine Fortsetzung der geldpolitischen Straffung mit all ihren möglichen Folgen suggerieren, werden Anleiherenditen unterstützt und Aktienbewertungen tendenziell belastet bleiben. Die aktuellen Zinsprojektionen der Fed sind zwar am Geldmarkt eingepreist, hawkishe Überraschungen kann es aber jederzeit geben.
Eine Konjunktureintrübung in Form von Gewinneinbußen für Unternehmen wird dagegen (unseren Berechnungen zufolge) bereits zu einem guten Stück in den Aktienkursen reflektiert und ist damit zweitrangig für den weiteren Verlauf geworden. Insbesondere Zykliker nehmen potenzielle Negativrevisionen aufgrund einer anstehenden Rezession schon vorweg.
In Summe bleibt der Ausblick für Aktien verhalten positiv, der Aufschwung verschiebt sich lediglich. Kurzfristig besteht zwar weiteres Schwankungspotenzial, aber das Abwärtsrisiko scheint jedoch begrenzt zu sein. Der Terminmarkt unterstreicht diese Einschätzung, denn der Absicherungsbedarf mit Verkaufsoptionen ist gesunken und die Nachfrage nach Kaufoptionen sogar gestiegen.
Daneben bestehen bis zum Jahresende ernst zu nehmende Möglichkeiten zur Aufhellung der allgemeinen Anlegerstimmung, die dann auch die Aktienkurse überregional antreiben dürften. Zum einen könnte die anstehende Berichtssaison für das dritte Quartal 2022 erneut positiv überraschen und damit wiederholt belegen, dass die großen gelisteten Aktiengesellschaften in den internationalen Blue-Chip-Indizes aufgrund ihrer Preissetzungsmacht erfolgreich durch die aktuellen Krisen navigieren. Des Weiteren besteht die reelle Chance, dass Mitte Oktober nach dem Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas eine Anpassung der strengen Null-Covid-Politik verkündet wird. Insbesondere die Erwartungen bezüglich der Nachfrage nach globalen Luxusgütern beziehungsweise des zyklischen Konsums würden daraufhin überschießen.
Vor diesem Hintergrund reduzieren wir zwar unsere Indexprognosen für das Jahresende 2022. Den DAX sehen wir dann bei 12.800 Punkten, den S&P 500 bei 3.700 Punkten. Für die Jahresmitte 2023 prognostizieren wir schon wieder einen DAX-Stand bei 14.000 Punkten, für den S&P 500 4.200 Punkte.
-- Sven Streibel