Frankreich: Macron versus Le Pen 2.0
Nach der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen kommt es in der Stichwahl am 24. April zu der erwarteten Wiederholung des Duells Macron vs. Le Pen. Anders als 2017 ist das Rennen deutlich enger, wenn auch der Amtsinhaber weiter etwas bessere Chancen zu haben scheint.
Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich liegt hinter uns und die Ergebnisse weisen im Vergleich zu den letzten Umfragen keine ganz großen Überraschungen auf. Auf Amtsinhaber Emmanuel Macron (alle Daten auf Basis des vorläufigen amtlichen Ergebnisses) entfallen 27,6% der Stimmen, gefolgt von Rechtspopulistin Marine Le Pen mit 23,4%. Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon konnte beachtliche 22,0% der Wähler hinter sich vereinen. Bis auf den erstmaligen, ultrarechten Bewerber Éric Zemmour (7,1%) erreichten alle weiteren Kandidaten weniger als je 5%.
Damit kommt es, wie erwartet, zu einer Wiederholung des Duells des Jahres 2017: Macron vs. Le Pen (66,1% vs. 33,9%). Die letzten Umfragen (durchgeführt vor der 1. Wahlrunde) sehen ein zunehmend knappes Duell voraus: Macrons Stimmanteil schmolz in diesen von knapp 60% (vs. 40% für Le Pen) Mitte März auf bis zu 51% (Le Pen: 49%) Anfang April zusammen. Auf Basis des 1. Wahlganges sehen wir Stand heute leicht positive Indizien für den Amtsinhaber:
- Macron lag mit 27,6% über dem Durchschnitt aller Prognosen seit dem 1.4. (26,7%). Dies gilt zwar auch für Le Pen (23,4% vs. 22,6%), nicht jedoch für Zemmour (7,1% vs. 9,5%). In Summe schwächelte die extreme Rechte (30,5% vs. 32,1%) damit.
- Dies ist vor allem insofern relevant, da nur Zemmour seinen Anhängern empfohlen hat, in der Stichwahl Le Pen zu wählen. Fast alle anderen Kandidaten haben dazu aufgerufen, für Macron zu stimmen. Von Seiten Mélenchons ist bislang zumindest die Empfehlung zu hören, nicht für Le Pen zu stimmen. Ob die Wählern diesen folgen, steht jedoch auf einem anderen Blatt.
Damit bleiben die Chancen eines Le Pen-Sieges überschaubar, aber nicht vernachlässigbar. Macron muss genügend Wähler, vor allem auf der Linken, für eine Stimmabgabe zu mobilisieren. Gelingt dies nicht, während Le Pen vor allem bisherige Mélenchon- und auch Nichtwähler (die größte Gruppe bei der gestrigen Wahl) an die Wahlurnen lockt, könnte das Randszenario eintreffen. Ein überraschender Wahlsieg Le Pens könnte Druck auf französische Staatsanleihen ausüben. Das Wahlprogramm der Rechtspopulistin lässt langfristig höhere Defizite erwarten, die in ein Umfeld sinkender geldpolitischer Unterstützung fielen. In diesem Randszenario wäre zudem Druck auf das Rating Frankreichs zu erwarten.
Am Montagmorgen scheint der Ausgang der 1. Wahlrunde leicht positiv goutiert zu werden. Diesen Schluss lässt zumindest der Blick auf die Eröffnung (nicht jedoch die weitere Entwicklung) des EUR/USD-Handels (als erster verfügbarer Indikator) am gestrigen Abend zu. Eine deutliche Spreadbewegung bei französischen Staatsanleihen ist heute ebenfalls nicht zu erwarten.
Christian Lenk