Sondereffekte drücken Brasilien in eine Rezession, auch der Ausblick ist recht trüb
Im dritten Quartal ist die brasilianische Wirtschaft um 0,1% geschrumpft, dies zeigen die jüngst veröffentlichten Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Da bereits für Q2 ein Rückgang um 0,4% gegenüber dem Vorquartal zu Buche steht, befindet sich Brasilien damit offiziell in einer Rezession. Nur dank der kräftigen Erholung im zwei-ten Halbjahr 2020, die auch noch im ersten Quartal dieses Jahres für Schub sorgte, dürfte sich 2021 beim BIP gegenüber Vorjahr ein Zuwachs von knapp 5% zeigen. Das eingetrübte Wirtschaftsklima und die angespannte innenpolitische Lage machen hingegen wenig Hoffnung auf eine deutliche konjunkturelle Belebung im lau-fenden oder in den kommenden Quartalen. Das Wirtschaftswachstum in dem auf Platz 9 der Rangliste der größten Volkswirtschaften der Welt liegende Land wird deshalb 2022 wohl nur bei rund 1,5% liegen.
Als sich zur Jahresmitte die Gesundheitslage deutlich entspannte, wurde zunächst für das dritte Quartal mit weiteren Nachholeffekten bei der Inlandsnachfrage gerechnet. Dank sehr schneller Impffortschritte hat das Land seinen Status als „der“ Hotspot der Welt inzwischen verloren. Der private Konsum und die Investitionen wurden jedoch durch die politische Unsicherheit gedrosselt, die ein Jahr vor den nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen recht groß ist. Zudem verhinderten gestörte Lieferketten einen Anstieg der industriellen Fertigung. Dies belastete wiederum die Exporte, da mehr als ein Viertel davon aus industriellen Gütern besteht. Als weiteren bremsenden Effekt in Q3 ist eine lang anhaltende Dürre zu nennen. Diese ließ nicht nur die Ag-rarproduktion und damit auch die Agrarexporte sinken, sondern es kam ebenfalls zu Einschränkungen bei der Energieerzeugung. Bereits 2020 war von einer großen Trockenheit gekennzeichnet, worunter die in Brasilien weit verbreiteten Wasserkraftwerke leiden.
Für die Konjunktur sind die inzwischen sichtbar erhöhten Strompreise einerseits eine Belastung, weil sie den Kostendruck bei den Unternehmen erhöhen. Zum anderen schmälern sie die Kaufkraft der privaten Haushalte. Im Oktober stieg die Inflationsrate auf 10,7%, im Januar hatte das Preisplus nur bei 4,6% gelegen. Um die Inflationserwartungen im Zaum zu halten, steuert die Notenbank seit dem Frühjahr entschlossen mit deutlichen Zinserhöhungen dagegen. Vor diesem Hintergrund und fehlenden wirtschaftspolitischen Reformen fällt die brasilianische Wirtschaft wieder zurück auf das verhaltene Wachstumstempo, dass sie schon in den letzten Jahren unmittelbar vor der Corona-Krise zeigte.
-- Dr. Christine Schäfer