Gestiegene Inflationsgefahr: Fed beschleunigt Reduktion der Wertpapierkäufe

Im Spannungsfeld einer sehr hohen Inflationsrate und der Sorge über ein Wiederaufflammen der Corona-Pandemie muss die Fed entscheiden, ob sie an der aktuellen Reduktion der Wertpapierkäufe festhalten möchte oder diese beschleunigen soll. Seit Monaten versucht Fed-Chef Powell trotz des rasant steigenden Preisdrucks die Sorgen der Marktteilnehmer vor einem Ausufern der Inflation zu beruhigen. Bislang lautete das Mantra der US-Währungshüter, dass der Anstieg der Verbraucherpreise lediglich temporär („transitory“) sei. Diese Erwartung hat sich in den zurückliegenden Wochen jedoch grundlegend geändert. Die US-Währungshüter sind zunehmend skeptischer, dass die Inflation nur zeitweise so hoch bleiben wird. Von daher bestehen keine Zweifel, dass die Fed das Wörtchen „transitory“ in Bezug auf die Inflation aus ihrer Forward Guidance streichen wird.

 

Die Inflation in den Vereinigten Staaten steigt auf breiter Basis

Ein Hauptgrund, die Reduktion der Wertpapierkäufe zu beschleunigen, ist die Inflationsrate, die zuletzt mit 6,8% (J/J) fast ein 40-jähriges Hoch erreicht hat. Die Verbraucherpreise steigen nicht nur dynamisch, sondern ziehen auf breiter Front an. Zudem zeichnet sich ein zunehmender Lohndruck ab. Auch die Corona-Lage könnte zu anhaltend hohen Inflationsraten führen. So hat die jüngere Vergangenheit gezeigt, dass die Länder sehr unterschiedlich mit der Corona-Pandemie umgehen. In den USA kam es kaum noch zu gravierenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Das bedeutet, dass die Wirtschaft zwar unter der neuen südafrikanischen Variante leiden könnte, mit einem konjunkturellen Stillstand jedoch nicht zu rechnen ist. Gravierender könnten hingegen die Auswirkungen auf die Inflation aufgrund der sogenannten „Null-Covid“-Strategie von China sein. Führt Omikron zu Ausbrüchen im Reich der Mitte, sind komplette, örtliche Abriegelungen wahrscheinlich. In diesem Fall können auch Hafenschließungen und die Einstellung von Produktionen nicht ausgeschlossen werden. Hierdurch würden sich die Lieferschwierigkeiten und Produktionsengpässe verschärfen. Die Inflationsrate würde sich erhöhen beziehungsweise weniger stark sinken als derzeit angenommen.

 

Spielraum für höhere Leitzinsen im Jahr 2022

Ein schnelleres Tapering würde der Fed den Spielraum eröffnen, die Leitzinsen im Falle von anhaltend hohen Inflationsraten früher und schneller zu straffen als bislang angenommen. Zahlreiche US-Notenbanker hatten in den vergangenen Wochen daher ein starkes Signal für eine schnellere Reduktion gegeben. Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich, dass die Fed am Mittwoch den rascheren Ausstieg aus den Anleihekäufen bestätigt. Alles andere wäre ein kommunikationspolitisches Desaster. Angesichts sehr hoher Bestände, die die Banken bei der US-Notenbank parken, sind nachhaltige Auswirkungen auf die Rentenmärkte wenig wahrscheinlich.

Spannend werden zudem die Prognosen der US-Notenbanker bezüglich einer ersten Leitzinserhöhung. Wir gehen davon aus, dass nun die Mehrheit der US-Währungshüter ein bis zwei Leitzinserhöhungen im kommenden Jahr antizipiert. Diese Prognoserevision könnte die Märkte nochmals beunruhigen und zu einem Anstieg der zweijährigen US-Renditen führen. Aufgrund der vielen Unsicherheiten (Pandemie, wirtschaftliche Abkühlung in China, hohe Inflationsraten) sind wir jedoch eher skeptisch, dass die Fed die Leitzinsen mehr als einmal im Jahr 2022 straffen wird.

 

Birgit Henseler


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