Anleihekäufe der EZB: Für Griechenland geht es um viel
Nicht nur Investoren, sondern auch die Finanzminister der Eurozone werden mit großem Interesse die für Donnerstag erwartete Entscheidung der EZB verfolgen, wie es mit den Anleihekäufen der Notenbank nach März 2022 weitergeht. Im Rahmen des zur Diskussion stehenden Notfallprogramms PEPP hat die EZB ein Gesamtkaufvolumen von insgesamt bis zu 1,85 Bio. Euro geplant – mehr als 90 Prozent (!) entfallen hierbei auf Anleihen des staatlichen Sektors. So dramatisch die Corona-Krise war und nach wie vor ist: Die Finanzminister konnten sich Dank der EZB historisch günstiger Refinanzierungsbedingungen sicher sein.
Im Kreise der PEPP-Profiteure sticht ein Land am stärksten heraus – Griechenland. Erst mit Pandemiebeginn hat die EZB überhaupt begonnen, hellenische Bonds (GGBs) zu kaufen. Im Rahmen des seit längerer Zeit bereits bestehenden, aber deutlich kleineren Anleihekaufprogramms PSPP blieb Griechenland bis dato wegen des schlechten Länderratings und der hohen Staatsverschuldung außen vor. Entscheidet sich die EZB nun, die PEPP-Nettoneukäufe nach März 2022 zu beenden, wäre Hellas ohne weitere Änderungen der EZB-Modalitäten von den Anleiheneukäufen fortan praktisch abgeschnitten. Der Markt hat diese Unsicherheit in den vergangenen Wochen bereits durch steigende Risikoprämien griechischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen abgebildet.
Dass ausgerechnet Griechenland zum Hauptverlierer einer modifizierten EZB-Geldpolitik wird, ist aber unwahrscheinlich. Hellas hat sich in den vergangenen Jahren, anders als beispielsweise Italien, in puncto fiskalischer Disziplin gemausert und etliche Reformen vorangetrieben. Eher wahrscheinlich ist, dass die Währungshüter die Fortschritte Griechenlands anerkennen und das Land nach einem etwaigen Ende der PEPP-Nettoneukäufe ins Programm PSPP aufnehmen, das aller Voraussicht nach auch nach März 2022 fortgeführt wird. Von Seiten des Marktes wird außerdem darüber spekuliert, dass die EZB eine größere Flexibilität bei den PEPP-Reinvestitionen ins Auge fasst, die auch nach dem Ende der Nettoneukäufe fortgesetzt werden. Fällige Anleihen von EWU-Kernstaaten könnten dann auch durch GGBs ersetzt werden, was Athen umso mehr freuen dürfte. Von der EZB-Entscheidung wird somit viel abhängen: Nicht nur die Entwicklung der Risikoprämien, sondern auch Griechenlands Traum, mittelfristig wieder in den Kreis der Investment-Grade-Länder zurückzukehren, könnte andernfalls schnell platzen.
Daniel Lenz