An den Anleihemärkten nimmt die Risikoaversion deutlich zu

Investoren mögen eines auf keinen Fall: Unsicherheit. Die Anleihemärkte bilden dabei keine Ausnahme. Das zeigt sich zum aktuellen Zeitpunkt ganz deutlich. Durch das Aufkommen der neuen Corona-Virusmutante (Omikron) sind die Renditen in weiten Teilen der Anleihemärkte in den vergangenen Tagen signifikant angestiegen. Bis dato fällt es Wissenschaftlern noch schwer, die Auswirkungen der Mutation des Corona-Virus einzuschätzen. Die daraus resultierende Unsicherheit über den weiteren Pandemieverlauf sowie die Auswirkungen auf die konjunkturelle Situation in den kommenden Monaten haben zu einem deutlichen Anstieg der Risikoaversion geführt.

Im Zuge dessen sind die Risikoaufschläge insbesondere im Segment der hochriskanten High-Yield-Bonds drastisch angestiegen. Die Emittenten im Bereich der High-Yield-Bonds haben eine Bonität unterhalb des Investment-Grade-Bereiches und reagieren vergleichsweise sensibel auf Veränderungen im konjunkturellen Ausblick.

Seit Ende der vergangenen Woche haben allerdings auch die Risikoprämien der Unternehmens- und Bankanleihen mit einem Investment-Grade-Status deutlich zugenommen. Das ist im Verlauf des aktuellen Jahres Neuland. Seit Beginn des laufenden Jahres haben sich die Risikoaufschläge selbst beim Aufkommen negativer Nachrichten bis dato weitestgehend stabil gehalten oder sogar noch weiter verringert. Der Hintergrund ist das Vertrauen der Investoren in die Europäische Zentralbank (EZB), größeren Verwerfungen an den Anleihemärkten durch die Ausweitung der expansiven Geldpolitik entgegenzutreten. Man spricht hier auch vom Zentralbank-Put. Derzeit scheint in den Reihen der Investoren die Furcht vor den Auswirkungen der verschärften Corona-Pandemie allerdings stärker zu wirken, als der Zentralbank-Put. Die Investoren haben die Flucht in die sicheren Häfen angetreten. Die Nachfrage nach Staatsanleihen der Bundesrepublik Deutschland oder den Vereinigten Staaten ist in die Höhe geschnellt.

Solange die Unsicherheit bezüglich dem Omikron-Virus anhält, ist nicht mit einer Entspannung an den Anleihenmärkten zu rechnen. Sollte sich die Situation noch etwas länger hinziehen, kommt der EZB-Ratssitzung am 16. Dezember eine besonders hohe Bedeutung zu. Die Zentralbank muss dann einen Spagat zwischen hoher Inflation und Marktberuhigung schaffen.

 

Günther Scheppler


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