Japan: Ein neuer Premierminister und Neuwahlen Ende Oktober

Am 31.Oktober soll in Japan das neue Unterhaus gewählt werden. Für den Chef der Regierungspartei LDP, Fumio Kishida, der erst seit 5. Oktober als Premierminister amtiert, geht es darum, die Koalitionsmehrheit im Unterhaus zu halten und von den Wählern ein Plazet für seine neuen wachstums- und sozialpolitischen Ansätze zu erhalten. Diese beinhalten auch eine Vision für einen „neuen Kapitalismus japanischer Prägung“.

In seinem Fokus stehen dabei vier Ziele: (1) Die Schaffung einer Wirtschaft, die auf Wissenschaft und Technologie basiert, (2) die landesweite Entwicklung von "digitalen Städten" auch außerhalb der Ballungsregionen, (3) die Ausweitung des wirtschaftlichen Sicherheitsnetzes für alle Arbeitnehmer und bedürftigen Personenkreise, und (4) Maßnahmen zur Entlastung der Privathaushalte in einer Zeit, in der viele Japaner ein Alter von 100 Jahren erreichen. Angesprochen sind also auch verteilungspolitische Ziele. Die Arbeitsbevölkerung soll laut Kishida an den „Früchten des Wirtschaftswachstums“ stärker als bisher beteiligt werden.

So plant er explizit eine fiskalische Entlastung der Arbeitsbevölkerung. Dies soll die wirtschaftliche Rolle der Mittelschicht erhöhen und helfen, die Geburtenrate anzuheben. Zudem sollen die Einkommen von Krankenhauspersonal und in der Kinderbetreuung steigen. Kishida befürwortet auch neue Geldtransfers an Einzelpersonen, und hier vor allem an jene, die von der Pandemie und deren wirtschaftlichen Folgen besonders hart betroffen sind (Frauen, Teilzeitkräfte, Studenten, etc.). Zugleich plant er im Gegenzug zu höheren Sozialausgaben neue Steuergesetze. Dies wird wohl bedeuten, dass dann eine Anhebung der Steuern auf Finanzeinkünfte und/oder eine stärkere Progression in der Einkommensteuer ansteht.

Dass seine LDP mit ihrem Partner Komeito die Unterhausmehrheit gewinnen wird, steht kaum in Zweifel. Sicher verlässt er aber mit vielen seiner Pläne den eher „konservativen“ Rahmen seiner eigenen LDP. Es dürfte klar sein, dass eine volle und dauerhafte Umsetzung seiner fiskalischen und sozialpolitischen Agenda ohne höhere Staatseinnahmen nicht möglich sein wird, wenn zugleich der weitere Anstieg der Staatsschulden gebremst werden soll. Vorsichtshalber hat er bereits die Unternehmen aufgerufen, größere Lohnanhebungen zu gewähren – ein Unterfangen, an dem seine beiden Vorgänger Abe und Suga beständig gescheitert sind. Also eine zu „ambitionierte“ Agenda? Die Dynamik der Staatsschulden dürfte dem Politikansatz Kishidas Grenzen setzen. Von daher erwarten wir nach der Wahl keine allzu großen Änderungen am bisherigen Regierungskurs in Japan.

Dr. Rütger Teuscher

 


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