Die Fed im Umbruch – das große Stühlerücken
Die US-Notenbank gibt den Takt in der internationalen Geldpolitik vor, und hier tut sich derzeit einiges. Aktuell kommt es zu einem großen Stühlerücken. In den kommenden Monaten werden insgesamt sechs Ämter neu besetzt. Außerdem beginnt wohl schon bald der Exit von den pandemiebedingten Hilfsmaßnahmen. Dieser Schritt dürfte jedoch keine größeren Bewegungen am Rentenmarkt auslösen. So hat die Fed in den vergangenen Wochen die Marktteilnehmer hinreichend auf das Tapering, also das Auslaufenlassen der Anleihekäufe durch die Notenbank, vorbereitet. Für mehr Bewegung an den Märkten könnte hingegen die Diskussion sorgen, wann die Notenbank erste, langsame Schritte in Richtung einer Anhebung ihres Leitzinses geht.
Wie schnell die Fed die Leitzinsen erhöht, hängt neben der wirtschaftlichen Entwicklung auch von der Kräfteverteilung im Offenmarktausschuss ab. Hier dürfte es zu einem harten Ringen zwischen „Tauben“ und „Falken“ kommen, wobei der Raubvogel den rigorosen Inflationsgegner symbolisiert. Die Wahrung der Geldwertstabilität besitzt für den Falken höchste Priorität, und er würde im Zweifel lieber früher als später die Leitzinsen anheben. Die Taube hingegen behält auch Wachstum sowie Arbeitslosigkeit im Blick und gibt sich daher hinsichtlich eines aggressiveren Tonfalls oder schneller Leitzinserhöhungen zurückhaltender.
Das derzeitige Jobkarussell im FOMC-Rat könnte zu einer anderen Verteilung von Tauben und Falken im geldpolitischen Entscheidungsgremium führen. Der wichtigste Posten, der im Februar 2022 besetzt werden muss, ist zweifelsohne der des Vorsitzenden der Fed. Jerome Powell und Lael Brainard, die als sehr vorsichtige Geldpolitikerin gilt, sind momentan die Favoriten für den Posten. Mit Eric Rosengren und Robert Kaplan sind darüber hinaus zuletzt zwei Geldpolitiker zurückgetreten, die tendenziell zum Lager der Falken gehörten. Außerdem ist im Vorstand der Fed mit dem wahrscheinlichen Ausscheiden des Gouverneurs Randal Quarles am 13. Oktober und des stellvertretenden Vorsitzenden Richard Clarida im Januar zu rechnen. Mit der schon seit längerem vakanten Stelle im Gouverneursrat summieren sich die neu zu besetzenden Posten auf insgesamt sechs. Sollten die Vakanzen mit geldpolitischen Tauben besetzt werden, könnten sich die Zinsprojektionen der Fed-Mitglieder nach hinten verschieben. Für die Rentenmärkte besteht dann die Gefahr, dass die Marktteilnehmer eine zu laxe Geldpolitik erwarten. Entsteht der Eindruck, dass die Inflationsgefahren bei Bedarf nicht in einem ausreichenden Maße mit den zur Verfügung stehenden geldpolitischen Mitteln bekämpft werden, könnten sich die derzeit schon zu beobachtenden Inflationssorgen weiter verschärfen. Die Renditen könnten kurzfristig stärker steigen als derzeit angenommen.
-- Birgit Henseler