Neue Bevölkerungsprognose verdeutlicht dringenden Handlungsbedarf bei der Altersvorsorge

Die vom Statistischen Bundesamt erstmals vorgelegte mittelfristige Bevölkerungsvorausberechnung unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf bei der Altersvorsorge in Deutschland. Demnach wird die Zahl der Personen im Alter ab 67 Jahren bis 2035, verglichen mit 2020, um 22% auf voraussichtlich 20 Millionen steigen. Gleichzeitig schrumpft die Arbeitsbevölkerung im Alter von 20 bis 66 Jahren trotz moderater Zuwanderung um 11% auf nur noch 46 Millionen. Die Zahl der Rentenbeitragszahler wird also immer kleiner, während die der Rentner weiter kräftig ansteigt. In der zu Ende gehenden Legislaturperiode wurde es versäumt, weitere Vorsorge für die kommenden Belastungen aus dem demografischen Wandel zu schaffen.

Die zuletzt beschlossene „doppelte Haltelinie“ für Rentenniveau und Beitragssatz hat das Ziel, die Lasten des demografischen Wandels nicht einseitig bei Rentnern oder Beitragszahlern abzuladen. Angesichts der zu erwartenden Mehrbelastungen des Rentensystems kann eine ständige Erhöhung des Bundeszuschusses für die Rentenkasse aber auch keine tragfähige Lösung sein. Einerseits ist eine hohe jährliche Zuwanderung nach Deutschland auch weiterhin nötig, um die demografischen Belastungen abzufedern. Die destatis-Berechnungen zeigen aber auch, dass Zuwanderung allein das Problem nicht lösen kann. Daher wird an einem flexiblen Rahmen für den Renteneintritt, der an der Finanzierbarkeit ausgerichtet werden muss, der den Menschen aber auch Entscheidungsspielraum gibt, kein Weg vorbeiführen. Das eröffnet auch die Möglichkeit, bei einer höheren privaten Vorsorge früher in Rente zu gehen.

Allerdings hat sich bei der privaten Riester-Rente ebenfalls Reformbedarf aufgestaut. Sie ist zu bürokratisch, erreicht nicht genügend Menschen und lässt bei den Anbietern hohe Kosten entstehen. Die meisten Verträge basieren bei der Kapitalanlage auf sicheren Wertpapieren, die inzwischen niedrige oder gar negative Renditen aufweisen. Daher sollte die 100%-Garantie für Beiträge und Zulagen gelockert werden, um den Anbietern Spielraum für mehr Kapitalanlagen mit besseren Renditechancen zu geben.

Auf der Reformagenda der neuen Bundesregierung steht die Bekämpfung des Klimawandels zurecht ganz oben. Schließlich geht es darum, unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Gewaltigen Reformbedarf gibt es aber auch bei der Altersvorsorge, das verdeutlichen die aktuellen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes einmal mehr. Wir brauchen mehr qualifizierte Einwanderung, Flexibilität beim Renteneintritt und eine Entbürokratisierung der geförderten privaten Altersvorsorge, die mehr Spielraum bei der Kapitalanlage gibt.

Dr. Michael Holstein und Michael Stappel


 


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