Einkaufsmanagerumfragen in China: Konjunktur für den Moment stabilisiert
Der zu Ende gehende September war für die chinesische Wirtschaft kein einfacher Monat. Insbesondere in den letzten beiden Wochen sind mit dem drohenden Zusammenbruch des Immobilienkonzerns Evergrande und zunehmender Stromengpässe in der Industrie große Belastungsproben für die Konjunktur entstanden. Daher ist es ein gewisser Lichtblick, dass die aktuellen Stimmungsumfragen bei den Einkaufsmanagern nicht durchweg noch schlechter ausgefallen sind als im August. Vor allem der Umfragewert aus dem nicht-verarbeitenden Gewerbe konnte sich nach dem vorangegangenen Einbruch wieder deutlich verbessern und fast das Ausgangsniveau vom Juli wiederherstellen. Die beiden Stimmungsindikatoren aus der Industrie senden dagegen gemischte Signale. Im Schnitt deuten die beiden Stimmungsbarometer aber auf eine Stabilisierung in der Industrie hin.
Gleichwohl bleibt der Konjunkturausblick eingetrübt, Anlass zur Entwarnung geben die aktuellen Stimmungswerte da wenig. So geht die kräftige Aufhellung des Service-Klimas hauptsächlich darauf zurück, dass die plötzlich verhängten, strengen Corona-Maßnahmen vom August wieder gelockert wurden. Solange die chinesische Regierung aber an ihrer Null-Covid-Strategie festhält, kann es immer wieder passieren, dass kleinste Infektionsausbrüche rigoros bekämpft werden – gerade im beginnenden Winterhalbjahr. Hier müssen die inzwischen durchaus guten Impferfolge erst noch zu einem Umdenken führen.
Für den großen Immobiliensektor bleibt der taumelnde Riese Evergrande ein Damoklesschwert. Wir glauben zwar nach wie vor, dass es gute Gründe für Peking gibt, das Unternehmen nicht einfach fallen zu lassen. Unter Dach und Fach ist eine (Teil-)Rettung aber noch lange nicht. Bautätigkeit und Immobiliennachfrage dürften angesichts der hohen Unsicherheit weiter unter Druck bleiben.
Dass in den letzten Tagen reihenweise Industriebetrieben der Strom abgedreht wurde, liegt nach Angaben der chinesischen Regierung an der mangelnden Einhaltung der Energiesparziele in zahlreichen Provinzen. Hier wurden den lokalen Behörden zuletzt härtere Strafen angedroht. In den aktuellen Umfragewerten dürfte sich diese jüngste Entwicklung allerdings noch kaum niedergeschlagen haben, da die Befragung vorher abgeschlossen wurde. Sie dürfte sich aber im kommenden Monat bemerkbar machen. Und sollte sich hinter den Stromausfällen nicht nur die geplante Emissionsdrosselung, sondern auch eine Knappheit an Kohle verbergen, die durch den Handelsstreit mit Australien entstanden ist, stehen Chinas Industrie schwierige Monate bevor.
Die chinesische Wirtschaft hat über die Sommermonate deutlich abgebremst. Die Belastungen für das neue Quartal haben eher zu- als abgenommen. Wir rechnen für die laufende zweite Jahreshälfte mit Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts deutlich unterhalb des Wachstumsziels der chinesischen Regierung von 6%.
-- Monika Boven