EZB: Währungshüter drosseln PEPP-Ankauftempo
Die Falken im EZB-Rat haben bei der heutigen Ratssitzung einen Punktsieg erringen können. So wurde beschlossen, die Wertpapierkäufe im Rahmen des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) ab Oktober mit moderat vermindertem Tempo fortzuführen. Wir gehen davon aus, dass sich die Nettoneukäufe im Bereich um 14 Mrd. Euro pro Woche bewegen werden. Dies entspricht in etwa dem Wochendurchschnitt des ersten Quartals 2021. Im Zuge der Pressekonferenz war EZB-Chefin Lagarde sehr darum bemüht hervorzuheben, dass die Notenbank die Adjustierung des Ankauftempos nicht als den Auftakt für einen Tapering-Prozess versteht. Die Währungshüter wollen nach wie vor günstige Finanzierungsbedingungen sicherstellen, um die Erholung der europäischen Konjunktur zu stützen und damit auch eine Annäherung der Inflation an das EZB-Ziel zu erreichen. Marktseitig wurden die Ausführungen von Lagarde als eher „dovish“ interpretiert, was sich unter anderem in höheren Bund-Future-Notierungen widerspiegelt.
Hinsichtlich der Konjunkturaussichten bleibt Notenbankchefin Lagarde weiter zuversichtlich gestimmt. Zwar besteht aufgrund der Ausbreitung der Delta-Variante des Corona-Virus eine gewisse Unsicherheit, doch spricht die voranschreitende Impfkampagne nach Einschätzung der EZB dafür, dass die europäische Wirtschaft auf Erholungskurs bleibt. Vor diesem Hintergrund wurden die BIP-Projektionen für das laufende und das kommende Jahr weitestgehend bestätigt.
Der derzeit zu beobachtende, erhöhte Preisdruck bereitet den Notenbank-Oberen kein übermäßiges Kopfzerbrechen, da dieser nur von temporärer Natur sei. Unter anderem aufgrund von Basiseffekten ist nach Einschätzung der EZB mit Blick auf 2022 mit einer wieder niedrigeren Teuerungsrate zu rechnen. Nichtsdestotrotz haben die Währungshüter ein besonderes Augenmerk auf die jüngsten Preissteigerungen bei Vorprodukten. Die EZB zeigt sich in diesem Zusammenhang aber überzeugt, dass die Angebotsengpässe und die damit einhergehenden Preissteigerungen nicht dauerhaft sind. Auf mittlere Sicht (2023) erwarten die Notenbank-Oberen nach wie vor nur einen moderaten Preisauftrieb (1,5% J/J). Trotz einer robusten Konjunkturentwicklung seien bislang keine Zweitrundeneffekte auszumachen.
Im Dezember will die Notenbank grundsätzlich über den Fortgang der PEPP-Käufe beraten. Lagarde gab im Zuge der Pressekonferenz keine Indikation, in welche Richtung die Reise hierbei gehen könnte. Wir rechnen damit, dass die PEPP-Käufe im März 2022 nicht Knall auf Fall enden werden. Vielmehr dürfte die EZB den PEPP-Ankaufrahmen von 1.850 Mrd. Euro gänzlich ausschöpfen. Mit einem im April 2022 beginnenden Tapering-Prozess könnten die Anleihekäufe mit nach und nach vermindertem Tempo bis August 2022 fortgeführt werden. Vor diesem Hintergrund sehen wir mit Blick auf das lange Ende des Rentenmarktes nur begrenztes Aufwärtspotenzial. Auf Jahressicht dürfte sich die zehnjährige Bundrendite lediglich der Nullprozentmarke annähern.
Christian Reicherter