China: Die Konjunktursorgen sind zurück

Lange galt China als Gewinner der Corona-Krise, doch seit einigen Wochen mehren sich negative Nachrichten aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Konjunktursorgen kommen auf. Nicht nur die Wachstumsraten (J/J) der Konjunkturindikatoren haben inzwischen deutlich nachgegeben, was angesichts schwindender Basiseffekte bis zu einem gewissen Grad absehbar war. Jetzt verschlechtern sich auch die Stimmungsumfragen deutlich. So deuten die Einkaufsmanagerbefragungen aus der Industrie aktuell auf einen leichten, die aus dem Service-Sektor sogar auf einen abrupten Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität hin. Das Verbrauchervertrauen ist ebenfalls gesunken.

In der Industrie ist zum einen die nachlassende Export-Sonderkonjunktur für die schlechtere Stimmung verantwortlich. Die Auslandsaufträge sind so schwach wie seit über einem Jahr nicht mehr. Zum anderen bremsen wie überall auf der Welt Materialengpässe das Produktionstempo. Dafür ist China selbst ein gutes Stück mit verantwortlich. Mit der über zweiwöchigen Schließung eines Verladeterminals in Ningbo, des zweitgrößten Containerhafens der Welt, hat die chinesische Regierung das zweite Mal innerhalb weniger Wochen ein wichtiges Drehkreuz des Welthandels entscheidend blockiert, wodurch die internationalen Lieferketten noch stärker unter Druck geraten sind. Hintergrund war zuletzt ein einziger neuer Corona-Fall.

Mit ihrer No-Covid-Strategie ist die chinesische Politik inzwischen nur noch schwer kalkulierbar. Die lokalen Behörden gehen gegen kleinste Infektionsherde rigoros vor. Eine Situation wie in Ningbo könnte jederzeit wieder auftreten und stellt damit ein erhebliches Wachstumsrisiko dar. Kritisch ist darüber hinaus, dass die Strategie, die im letzten Jahr noch das Verbrauchervertrauen stärkte, inzwischen negativ auf den Konsum abfärbt. Die Menschen sind verunsichert, der Einzelhandel ist im Juli geschrumpft. Die Aussichten für die Konjunktur im laufenden dritten Quartal sind verhalten. Das Wirtschaftswachstum wird in der zweiten Hälfte dieses Jahres erkennbar abbremsen.

-- Monika Boven



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