Polen: Heißer August
Polen erlebt einen heißen August – zumindest im politischen Sinne. Nachdem es jüngst Signale einer Deeskalation im Konflikt mit der EU-Kommission gegeben hatte, kocht nunmehr der Streit innerhalb der nationalkonservativen Regierung hoch. Ministerpräsident Morawiecki (PiS, nationalkonservativ) hat seinen Stellvertreter Gowin, Parteivorsitzender des Juniorkoalitionspartners Porozumienie (konservativ), aus der Regierung entlassen. Derzeit ist aber noch unsicher, ob Porozumienie geschlossen die Koalition verlassen wird oder ob einzelne Abgeordnete die Regierung weiter unterstützen werden. Bis dato verfügt die Koalition über eine knappe Mehrheit von 232 der 460 Parlamentssitze. Während der Sprecher der Regierung, Müller, öffentlich auf eine Fortsetzung der Regierung setzt, liegt es nun an der Opposition, zu entscheiden, ob sie die Regierung über ein parlamentarisches Misstrauensvotum zu Fall bringt.
Die Koalitionskrise kam nicht aus heiterem Himmel. Seit Monaten gab es bereits Zwist zwischen den Bündnispartnern, unter anderem auch über steuerliche Themen. Das Fass zum Überlaufen brachte allerdings der Entwurf eines neuen Mediengesetzes, das nicht-europäische Unternehmen zwingen würde, Beteiligungen an polnischen Medienanstalten zu verkaufen. Da ein führender Nachrichtensender des Landes, TVN 24, von der Novelle betroffen wäre, in der auch regierungskritische Stimmen zu Wort kommen, wird über das Gesetzesvorhaben in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Auch die EU-Kommission könnte Vorbehalte äußern, dass das neue Gesetz die Presse- und Medienfreiheit womöglich untergräbt, sollte es ohne Änderungen in Kraft treten.
Der Markt für polnische Eurobonds gibt sich bislang wenig beeindruckt, trotz der anhaltenden politischen Turbulenzen. Da am deutlich liquideren Devisenmarkt der Zloty zuletzt zumindest aber leichte Verluste verbuchte, wird deutlich, dass Investoren die Entwicklungen in Polen durchaus mit einiger Vorsicht betrachten.
-- Daniel Lenz