Digitaler Euro: EZB auf der Suche nach Konsistenz

 

Die Diskussion um digitale Zentralbankwährungen (CBDC) schreitet voran. Ende vergangenen Jahres beschäftigten sich laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich weltweit fast 90% der Notenbanken mit den Vor- und Nachteilen einer solchen Geldform, die das bestehende System aus Bar- und Buchgeld ergänzen könnte. Die Europäische Zentralbank ist eine von ihnen. Zwar wird der EZB-Rat wohl erst Mitte Juli entscheiden, ob das Projekt digitaler Euro offiziell angegangen wird. Angesichts der Äußerungen aus den Reihen der Verantwortlichen sowie den bestehenden Rahmenbedingungen, allen voran die perspektivisch rückläufige Bedeutung von Scheinen und Münzen als Zahlungsmittel, ist es aber nur schwer vorstellbar, dass sich das Gremium gegen eine Fortsetzung der bereits laufenden Arbeiten ausspricht.

Ein möglicher Zeitplan wurde jüngst von Fabio Panetta skizziert. Er ist Mitglied im EZB-Direktorium und federführend für das Projekt verantwortlich. Demnach würden sich die Beteiligten zunächst zwei Jahre Zeit nehmen, um die passenden Eigenschaften und die angemessene technische Ausgestaltung eines digitalen Euro festzulegen. In den drei Jahren danach würde an der Umsetzung gearbeitet. Frühestens 2026 könnte die EWU-CBDC demnach breitflächig an den Start gehen.

Um die Arbeiten des Projekts effizient voranzutreiben, ist von der EZB möglichst frühzeitig zu klären, welche Ziele sie mit dem digitalen Euro verfolgen will. Direktoriumsmitglied Panetta nennt in diesem Zusammenhang eine ganze Reihe von Ansätzen. Seiner Vorstellung nach kann der digitale Euro zugleich das heutige Bargeld in das digitale Zeitalter übersetzen („Bargeld 2.0“) sowie Souveränitätsgarant für den Euroraum, innovationsförderndes Rohmaterial und Bewahrer der Finanzstabilität sein. Das Problem hierbei: Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die Kombination der einzelnen Aspekte alles andere als trivial und teilweise widersprüchlich ist.

Die zentrale Herausforderung besteht folglich darin, die Ziele und Eigenschaften sowie den technischen Rahmen des digitalen Euro so festzulegen, dass die neue Geldform einerseits für die Bürgerinnen und Bürger attraktiv ist, um flächendeckend und in nennenswertem Ausmaß als alltägliches Zahlungsmittel zum Einsatz zu kommen. Andererseits gilt es, den Finanzinstituten auch künftig den notwendigen Spielraum zu lassen, ihrer Aufgabe im zweistufigen Bankensystem nachzukommen und eine angemessene sowie effiziente Kreditversorgung der Volkswirtschaft zu gewährleisten. 

 

Sören Hettler

 

 

 

 


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