Bidens Investitionsoffensive: Infrastrukturpaket ist nur der erste Teil
US-Präsident Biden kann einen Erfolg vermelden: Für sein Infrastrukturpaket gibt es einen überparteilichen Konsens. Mit 1,2 Billionen US-Dollar verteilt über acht Jahre fällt die Kompromisslösung allerdings wesentlich kleiner aus als der 2,3 Billionen US-Dollar schwere „American Jobs Plan“, den Biden ursprünglich vorgeschlagen hatte. Tatsächlich handelt es sich selbst bei den 1,2 Billionen US-Dollar nicht in vollem Umfang um frisches Geld. Nur 579 Milliarden US-Dollar sollen neu freigegeben werden, der Rest stammt aus bereits laufenden Programmen.
Bei Bidens Entwurf wurde also kräftig der Rotstift angesetzt. Das überparteiliche Paket konzentriert sich auf klassische Infrastrukturprojekte wie den Bau und Erhalt von Straßen oder Versorgungsnetzen. Gelder für die Förderung der Alten- und Krankenpflege oder für die Forschung in Spitzentechnologien wurden aus dem Paket herausgenommen. Dafür wurden aber auch die geplanten Steuererhöhungen zur Finanzierung der Maßnahmen, insbesondere die Erhöhung der Unternehmenssteuern, weitestgehend gestrichen. Vor allem mit öffentlich-privaten Partnerschaften und einer verbesserten Steuereintreibung sollen die Gelder nun aufgebracht werden.
Biden schmerzt die Verkleinerung seines Infrastrukturpakets aber nicht. Die Demokraten wollen ein weiteres riesiges Paket schnüren, in dem die Investitionen in Soziales wieder aufgegriffen werden. Laut Biden ist ein Sozialpaket sogar Bedingung für seine finale Zustimmung zum Infrastrukturprogramm. Die Demokraten können ein weiteres Investitionsprogramm mit einfacher Mehrheit im Kongress per Budgetgebungsprozess verabschieden. Auch höhere Steuern für Besserverdiener und Unternehmen dürften dann nochmal auf den Tisch kommen. Angesichts der knappen Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat werden aber wohl auch hierbei Kompromisse nötig.
Insgesamt sind die Investitionsvorhaben des Staates gute Nachrichten für die US-Wirtschaft. Wir erwarten zwar, dass die Planung von konkreten Infrastrukturmaßnahmen, die Auszahlung von Geldern und die Verhandlungen über ein großes Sozialpaket noch einige Monate beanspruchen werden. Ab der zweiten Jahreshälfte 2022 dürften aber erste Wachstumseffekte zu erkennen sein. Die Konjunkturdynamik sollte dann wieder stärker anziehen, sodass die US-Wirtschaft 2022 mit etwa 4,4% nochmals kräftig wächst. Anders als beim Konjunkturpaket vom März, handelt es sich aber um langfristige Investitionen. Die Ausgaben werden also über viele Jahre – und nicht einige Monate – verteilt. Ein Boom wie im laufenden Jahr wird dadurch nicht ausgelöst.
Alexander Buhrow
