Türkische Lira verzeichnet neues Rekordtief
Die Türkische Lira hat jüngst ein neues Allzeittief gegenüber dem Greenback markiert. Mit knapp 8,60 USD kassierte Dollar-Lira das Anfang November vergangenen Jahres verzeichnete, bisher geltende Rekordniveau ein. Zwischenzeitlich erzielte Kursgewinne der türkischen Landeswährung von fast 25%, die vor allem auf eine restriktive und glaubwürdige Geldpolitik unter dem vorübergehenden Vorsitzenden Agbal zurückzuführen waren, wurden wieder eingebüßt.
Spielen globale Vorgaben die entscheidende Rolle? Eher nicht
Wenig überzeugend sind teils anzutreffende Begründungen, wonach es vor allem internationale Vorgaben seien, die der Lira zu schaffen machen. So bewegen sich Indikatoren für das weltweit vorherrschende Risikosentiment, darunter der Bloomberg Risk-on-Risk-off-Index, weiterhin auf hohen Niveaus. Von einer erhöhten globalen Risikoaversion als Ursache für eine Schwäche der Lira kann folglich keine Rede sein, schon gar nicht in einem Ausmaß, das ein historisches Kurstief rechtfertigen würde. Selbiges gilt im Übrigen für die US-Renditen, die sich auf eher unauffälligen Niveaus aufhalten.
Deutlich überzeugender als Basis für die Lira-Abwertung erscheinen hingegen hausgemachte Faktoren. Der Führungswechsel bei der Zentralbank hinterlässt weiter seine Spuren. Offensichtlich bestehen marktseitig erhebliche Zweifel daran, dass Notenbankchef Kavcioglu in der Lage oder willens ist, der hohen und bislang weiter steigenden Inflationsrate von zuletzt über 17% (J/J) entschieden entgegenzuwirken und sie so zeitnah unter Kontrolle zu bringen. Medienberichten zufolge fragen türkische Unternehmen außerdem derzeit vermehrt US-Dollar nach, um kurzfristig fällige Auslandsverbindlichkeiten bedienen zu können. Dass die Kredite offenbar nicht verlängert werden, könnte ebenfalls ein Indiz dafür sein, dass sich ausländische Kapitalgeber vermehrt aus der Türkei zurückziehen wollen. Hinzu kommen diplomatische Spannungen. So soll Präsident Erdogan andere NATO-Staaten dazu gedrängt haben, die offizielle Reaktion auf die von Belarus erzwungene Landung eines Passagierflugzeugs abzuschwächen.
Keine Erholung in Sicht
Von einer bevorstehenden, nachhaltigen Gegenbewegung der türkischen Landeswährung ist nicht auszugehen. Vielmehr muss damit gerechnet werden, dass die Zentralbank möglichst frühzeitig einen expansiveren geldpolitischen Kurs einschlagen wird, um den Vorgaben des Staatspräsidenten zu entsprechen. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre legen nahe, dass die Währungshüter dabei früher oder später eine zu lockere Gangart an den Tag legen werden – zulasten der türkischen Landeswährung.
Sören Hettler