Kommt die Grün-Rot-Rote-Regierung? – Anleger mit „Home Bias“ aufgepasst!
Sollte es bei der Bundestagswahl zu einer Regierungsbildung von Grünen, SPD und Linken kommen, bleibt zunächst abzuwarten, welche Punkte der Wahlprogramme tatsächlich umgesetzt werden. Es zeichnet sich aber schon jetzt ab, dass Immobilienunternehmen und einige der Konzerne mit großem Klima-Fußabdruck schlechter gestellt wären als unter der jetzigen Regierung. Diese sind im DAX jedoch nur gering gewichtet.
Die Nutznießer im Falle einer grün geführten Regierung könnten alle Unternehmen sein, die zum Sektor der innovativen Energieunternehmen und -zulieferer gehören. Eine grün geführte Regierung wäre bereit, den industriellen Wandel zur CO2-Vermeidung mit Förderprogrammen intensiv zu unterstützen. Das Aktienresearch der DZ BANK wird zu gegebener Zeit über die möglichen Auswirkungen auf einzelne Unternehmen und Branchen berichten.
Eine grün-rot-rote Regierung ist derzeit am Aktienmarkt die einzige Regierungskonstellation, die als belastend gesehen wird. Generell war der Ausgang von Bundestagswahlen aber nie besonders bedeutsam für die Entwicklung des DAX. Zwar entwickelten sich die Kurse während der Amtszeit von Helmut Kohl (CDU) von 1982 bis 1998 besonders positiv, während sie während der Amtszeit des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Gerhard Schröder von 1998 bis 2005 eine durchwachsene Performance zeigten. Allerdings wird häufig außer Acht gelassen, dass die Aktienkurse von 1982 bis 1998 durch stetig sinkende Zinsen und die Blase am Neuen Markt beflügelt wurden, während Schröders Kanzlerschaft mit dem Platzen derselben und den Folgen des 11. Septembers und dem anschließenden Irakkrieg zusammenfiel. Für die langfristige Kursentwicklung des DAX ist die langfristige Gewinnentwicklung des DAX entscheidend, und diese hängt in hohem Maße von der Entwicklung der Absatzmärkte außerhalb Deutschlands ab.
Anleger, die ihr Aktienportfolio entsprechend der üblichen Allokationsempfehlungen diversifiziert haben, müssen die Bildung einer grün-rot-roten Regierung nicht fürchten. Im MSCI World, dem wichtigsten und bekanntesten Börsenbarometer der Welt, sind deutsche Aktien nur mit 2,9% gewichtet. Damit hat der deutsche Aktienmarkt international eine ähnliche Bedeutung wie der der Schweiz oder Australiens. Auf Anleger, die nur in einem internationalen Aktienprodukt (z.B. Vermögensverwaltung. fondsgebundene Riester-Rente oder globaler ETF) investiert sind, dürfte die These einer "bedeutungslosen Bundestagswahl" zutreffen.
In der Praxis dürften die meisten deutschen Portfolios jedoch eine Gewichtung deutscher Aktien enthalten, die deutlich über den genannten 2,9 % liegt. Es ist bekannt, dass Anleger dem "Home Bias" unterliegen, d.h. sie investieren überdurchschnittlich in ihrem Heimatmarkt.
Heimatstolz und Weltanschauung sind der Rendite von Aktienportfolios abträglich. Anleger sind daher gut beraten, sich noch stärker vom deutschen Aktienmarkt zu lösen und ihre Portfolios international breiter auf Qualitätstitel zu diversifizieren. Die Sorge vor einem für Aktien ungünstigen Wahlergebnis im September ist für manchen Anleger ein guter Zeitpunkt, die strategische Ausrichtung der Wertpapierportfolios genauer unter die Lupe zu nehmen.
-- Christian Kahler